rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tätigkeitsgegenstand bei Vertretung mehrerer Grundstücksgemeinschafter wegen des Gewinnfeststellungsbescheides der Gemeinschaft; Maßgeblichkeit der Gebührenrechtslage im Zeitpunkt der Beauftragung; Aufteilung der Rechtsanwaltsgebühren bei Mandanten aus den neuen und den alten Bundesländern

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vertritt ein Prozessbevollmächtigter mehrere Beteiligte an einer Grundstücksgemeinschaft wegen der Gewinnfeststellung der Gemeinschaft, so ist Gegenstand der Tätigkeit die Summe der die einzelnen Verfahrensbeteiligten betreffenden steuerlichen Auswirkungsbeträge, so dass es an der in § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO geforderten Identität des Tätigkeitsgegenstandes in Bezug auf die einzelnen Auftraggeber fehlt.

2. Maßgeblich für die Festsetzung der Gebühren eines zur Vertretung in der mündlichen Verhandlung beauftragten Unterbevollmächtigten, der seinen Sitz in den neuen Bundesländern inne hat, ist die im Zeitpunkt der Beauftragung geltende Gebührenrechtslage (hier: Höhe der Ermäßigung).

3. Zur Gebührenaufteilung, wenn ein Rechtsanwalt mit Kanzlei in den alten Bundesländern vor einem Gericht mit Sitz in den neuen Bundesländern in der selben Angelegenheit im gemeinsamen Auftrag zweier Personen tätig wird, von denen eine in den alten Bundesländern ihren Wohnsitz hat, insoweit keine Gebührenermäßigung vorzunehmen wäre, und die andere in den neuen Bundesländern, also die Gebühren zu ermäßigen wären.

 

Normenkette

BRAGO § 6 Abs. 3, § 134; EinigVtr Art. 3; BRAGO § 53

 

Gründe

I.

Die Kläger/Erinnerungsgegner und Anschlusserinnerungsführer (in Zukunft Kläger) erzielten aus einem Wohnhausgrundstück in Thüringen als Grundstücksgemeinschaft mit gleichen Anteilen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Rechtsstreit waren Werbungskosten aus dieser Einkunftsart streitig. Beide Gemeinschafter beauftragten die Rechtsanwaltskanzlei XYZ in A-Stadt (alte Bundesländer) mit der Vertretung in Ihrer Rechtsangelegenheit gegenüber dem Beklagten, Erinnerungsführer und Anschlusserinnerungsgegner (Finanzamt -kurz: FA-). Diese Prozessbevollmächtigten wiederum beauftragten am 17. Februar 1998 im unbestrittenen Einvernehmen mit den Klägern den Rechtsanwalt M. aus L-Stadt als Unterbevollmächtigten mit der Vertretung in der mündlichen Verhandlung in der Sitzung vom 12. November 1998. Mit Urteil des II. Senates des Thüringer Finanzgerichtes vom selben Tag wurden dem FA 9/10 der Verfahrenskosten und den Klägern 1/10 der Verfahrenskosten auferlegt. Das Verfahren ist gegenwärtig auf Grund einer zugelassenen Revision beim Bundesfinanzhof anhängig.

Mit Schreiben vom 16. März 1999 beantragten die Prozessbevollmächtigten Kostenfestsetzung wie folgt:

„I. Gebühren Prozessbevollmächtigter:Gegenstandswert: 1.900,

1.

Prozessgebühr

§ 31 I 1

BRAGO

10/10

DM

170,00

2.

Erhöhungsgebühr

§ 6

BRAGO

3/10

DM

51,00

3.

Verhandlungsgebühr

§ 31 I 2

BRAGO

5/10

DM

85,00

DM

306,00

abzüglich

10 %

Ostabschlag

DM

./. 30,60

4.

Auslagenpauschale

§ 26

BRAGO

DM

40,00

DM

315,40

5.

Mehrwertsteuer

16 %

DM

50,46

insgesamt

DM

365,86

II. Gebühren Unterbevollmächtigter:

Kostennote in Höhe von DM 306,24 ist als Anlage 1 beigefügt

Gesamtbetrag aus I. + II.

DM

672,10”

Mit Schreiben vom 8. April 1999 wandte das FA dagegen ein, dass die Gebühren des Prozessbevollmächtigten nicht erstattungsfähig seien, weil die Kläger einen ortsansässigen Steuerberater oder Rechtsanwalt hätten beauftragen können. Eine Erhöhungsgebühr gemäß § 6 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte – BRAGO – sei nicht entstanden, da die Bevollmächtigten nicht für mehrere Auftraggeber tätig geworden seien, weil Steuersubjekt „die Grundstücksgemeinschaft und damit die Klägerin” sei. Zudem sei ein Abschlag von 20 % vorzunehmen, da die Klage bereits am 29. Juni 1995 erhoben worden sei.

Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 wiesen die Bevollmächtigten darauf hin, dass die Beauftragung eines ortsansässigen Rechtsanwaltes Kosten und Gebühren in fiktiver Höhe von 566,92 DM hervorgerufen hätten (auf die genaue Berechnung des Schreibens vom 27. Mai 1999 wird Bezug genommen).

Daraufhin erging unter dem 15. Juni 1999 Kostenfestsetzungsbeschluss durch den Urkundsbeamten des Thüringer Finanzgerichtes, der den Klägern am 25. Juni 1999 und dem FA am 24. Juni 1999 zuging. In diesem Kostenfestsetzungsbeschluss wurden die Kosten wie folgt festgesetzt:

„… der Klägerin zu erstattenden Kosten gemäß § 149 Finanzgerichtsordnung auf DM 571,58 festgesetzt. Vorstehender Betrag ist ab 18. 03. 1999 mit 4 v. H. zu verzinsen.

Berechnung der zu erstattenden Aufwendungen (§ 139 Abs. 3 FGO)

Streitwert: 1.900 DM

Finanzgerichtliches Verfahren

I. Gebühren Prozessbevollmächtigte

10/10 Prozessgebühr

153,00

(§§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 114 Abs. 1 u. 2 BRAGO)

+ 3/10 Erhöhung

45,90

(§ 6 Abs. 1 BRAGO)

Entgelte für Post- und Telekomm.- Dienstleistungen

29,84

(§ 26 BRAGO)

16 v. H. Umsatzsteuer von 228,74 DM =

36,60

(§ 25 Abs. 2 BRAGO)

II. Gebühren Unterbevollmächtigter

5/10 Prozessgebühr

76,50

(§§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 114 Abs. 1 u. 2, 53 BRAGO)

10/10 Ve...

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