Leitsatz

Die Klägerin nahm mit ihrer Klage in der Hauptsache und mit dem gleichzeitig eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 644 ZPO den Beklagten wegen Ehegattenunterhalts in Anspruch. In dem laufenden Verfahren beantragte der Beklagte Verlängerung einer Stellungnahmefrist im Hinblick auf zwischen den Parteien geführte Vergleichsverhandlungen. Kurz darauf erkannte er die Klage schriftsätzlich an, woraufhin im schriftlichen Verfahren gem. § 307 ZPO ein Anerkenntnisurteil erging. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Beklagten auferlegt. Der Streitwert für die Leistungsklage wurde auf 6.000,00 EUR sowie für die einstweilige Anordnung auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Die Klägerin beantragte durch ihre Prozessbevollmächtigte die Kostenfestsetzung i.H.v. insgesamt 1.615,43 EUR. In diesem Betrag war eine 1,2 Terminsgebühr sowohl für die Leistungsklage als auch für die einstweilige Anordnung enthalten. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.5.2007 wurde dem Antrag mit Ausnahme der 1,2 Terminsgebühr für die einstweilige Anordnung entsprochen mit der Begründung, hierfür sei eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen und auch im schriftlichen Verfahren nicht entschieden worden.

Hiergegen hat die Klägerinvertreterin sofortige Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin half diesem Rechtsmittel nicht ab, sondern legte die Akte dem OLG zur Entscheidung vor.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die sofortige Beschwerde der Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, für zulässig und auch in der Sache für begründet.

Die geltend gemachte 1,2 Terminsgebühr sei im einstweiligen Anordnungsverfahren angefallen gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3104 RVG-VV.

Danach entstehe die Terminsgebühr u.a. für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts. Voraussetzung hierfür sei lediglich ein entsprechender Verfahrensauftrag, nicht aber die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung, da es sich hier nicht um die Terminsgebühr nach dem Ausnahmetatbestand des Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV handele.

Zwar sei ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren gem. § 307 S. 7 ZPO ergangen. Dieser Gebührentatbestand erfasse die Fälle des Entstehens einer Terminsgebühr ohne mündliche Verhandlung allein durch das Wechseln von Schriftsätzen, während es hier um die nach Vorbem. 3 Abs. 3 i.V.m. Nr. 3104 RVG-VV"verdiente" Terminsgebühr aufgrund außergerichtlicher Besprechungen mit der Gegenseite zur Verfahrenserledigung gehe.

Vergleichsverhandlungen ohne Beteiligung des Gerichts würden auch vom Beklagten unstreitig gestellt. Er mache lediglich geltend, dass sich diese nur auf die Erledigung der Hauptsache bezogen hätten und die gleichzeitige Verfahrensbeendigung der einstweiligen Anordnung dadurch "automatisch" miterfasst werde.

Der Gesetzgeber habe, um gerade auch bei langwierigen Unterhaltsprozessen den Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten durch eine schnelle vorläufige Regelung sicherzustellen, die Möglichkeit der Beantragung einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 644, 621 Abs. 1 Nr. 5, 620a ff. ZPO geschaffen.

Er habe weiterhin in § 18 Nr. 1f) RVG festgelegt, dass es sich bei diesem Verfahren um eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit handele, in der alle Gebühren nach dem RVG anfallen könnten.

Bei Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien zur Streitbeilegung falle damit die außergerichtliche Terminsgebühr nicht nur im Hauptsacheverfahren, sondern auch im einstweiligen Anordnungsverfahren an.

Die danach entstandene 1,2 Terminsgebühr im einstweiligen Anordnungsverfahren sei auch erstattungsfähig gem. § 91 ZPO.

Grundsätzlich bestehe zwar die Verpflichtung, die Kosten möglichst niedrig zu halten. Als "notwendig" i.S.d. § 91 ZPO würden jedoch die Kosten angesehen, die in der konkreten Lage vernünftigerweise als sachdienlich bezeichnet werden könnten.

Zum Zeitpunkt der Vergleichsgespräche seien sowohl die Leistungsklage als auch das Verfahren der einstweiligen Anordnung bei Gericht anhängig gewesen, so dass es sachdienlich gewesen sei, eine verfahrensbeendende Erledigung insgesamt anzustreben.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.08.2007, 8 WF 107/07

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