Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Strafrechtsentschädigungsverfahren besteht zum einen aus dem Grundverfahren (§§ 1 bis 9 StrEG) und zum anderen aus dem Betragsverfahren.
2. Die Tätigkeit im Grundverfahren ist mit den zuvor verdienten Verteidigergebühren abgegolten; Mehraufwand kann nur im Rahmen der Gebührenbemessung gem. § 14 Abs. 1 RVG berücksichtigt werden.
3. Die Tätigkeit des Verteidigers im Beschwerdeverfahren gegen die Grundentscheidung ist mit den Gebühren für das Strafverfahren abgegolten.
4. Im Betragsverfahren entsteht die Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG, im gerichtlichen Verfahren gilt Teil 3 VV RVG.
5. Im Klageverfahren entstehen Gebühren nach Teil 3 VV RVG.
 

Rdn 52

 

Literaturhinweise

Burhoff, Anwaltliche Vergütung für die Tätigkeit im strafrechtlichen Entschädigungsverfahren, RVGreport 2007, 273

Volpert, Die richtige Abrechnung der Tätigkeit im Verfahren nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz, BRAGOprofessionell 2003, 91

s.a. die Hinw. bei → Allgemeine Gebührenfragen, Allgemeines, Teil J Rdn 2, und den weiterführenden Stichwörtern.

 

Rdn 53

1.a) Gegenstand der Entschädigung nach dem StrEG ist u.a. der durch eine Strafverfolgungsmaßnahme verursachte Vermögensschaden, vgl. § 7 Abs. 1 StrEG. Das StrEG sieht die Gewährung einer Entschädigung aus der Staatskasse für Schäden vor,

die durch eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung (vgl. § 1 StrEG) oder
durch den Vollzug einer vorläufigen Strafverfolgungsmaßnahme (z.B. U-Haft, Unterbringung, vorläufige Festnahme nach § 127a StPO, vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, vgl. Aufzählung in § 2 StrEG) vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (§§ 2 bis 4 StrEG) entstanden sind (Meyer, StrEG, § 2 Rn 1; wegen der materiellen Einzelh. → StrEG-Entschädigung, Allgemeines, Teil I Rdn 280 m.w.N.).
 

Rdn 54

b) Das Strafrechtsentschädigungsverfahren besteht zum einen aus dem Grundverfahren (§§ 1 bis 9 StrEG) und zum anderen aus dem Betragsverfahren (§§ 10 ff. StrEG). Während das Grundverfahren zur Feststellung der grundsätzlichen Entschädigungspflicht der Staatskasse dient (§§ 8 und 9 StrEG), wird im Betragsverfahren die Höhe der dem Beschuldigten zu gewährenden Entschädigung festgesetzt (→ StrEG-Entschädigung, Grundentscheidung, Allgemeines, Teil I Rdn 481 m.w.N.).

 

Rdn 55

Es gelten unterschiedliche Zuständigkeiten und damit unterschiedliche Vergütungsbestimmungen:

Die Feststellung der Entschädigungspflicht der Staatskasse im Grundverfahren erfolgt nach § 8 Abs. 1 StrEG durch das Strafgericht zusammen mit der Kosten- und Auslagenentscheidung für das Hauptsacheverfahren in der das Strafverfahren abschließenden Entscheidung. Das Grundverfahren ist somit Teil des Hauptsacheverfahrens (vgl. hierzu im Einzelnen Meyer, StrEG, A 11 zu § 8 ZSEG).
Gegen die Entscheidung über die Entschädigungspflicht ist gem. § 8 Abs. 3 StrEG die sofortige Beschwerde gegeben.
Über die Höhe der dem Beschuldigten zu gewährenden Entschädigung entscheidet im selbstständigen Betragsverfahren (Höheverfahren) gem. § 10 Abs. 2 StrEG die Landesjustizverwaltung.
Ist der Beschuldigte mit der Entscheidung der Landesjustizverwaltung nicht einverstanden, ist gem. § 13 Abs. 1 StrEG der ordentliche Rechtsweg zu den Zivilgerichten (LG) gegeben (Klageverfahren; → StrEG-Entschädigung, Entschädigungsklage, Teil I Rdn 449).
 

Rdn 56

2.a) Das Schrifttum wendet auf die Tätigkeit des Verteidigers im Grundverfahren nach dem Gesetz über die Entschädigung von Strafverfolgungsmaßnahmen (vgl. §§ 1 bis 9 StrEG) überwiegend die Nrn. 4143, 4144 VV RVG entsprechend an (vgl. hierzu Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4143 VV Rn 10; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4143 – 4144 Rn 8; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, VV 4143, 4144 Rn 9; Hartung/Römermann/Schons, RVG, VV 4143, 4144 Rn 8; a.A. Bischof/Jungbauer u.a./Uher, RVG, VV 4143, 4144; vgl. noch zur BRAGO Volpert BRAGOprofessionell 2003, 91; Meyer JurBüro 1992, 4 und JurBüro 1981, 801).

 

Rdn 57

b) Gegen die Anwendung von Nr. 4143 VVRVG spricht aber, dass eine Kostenvorschrift analog angewendet wird, obwohl keine planwidrige Regelungslücke besteht. Deshalb ist es zutreffend davon auszugehen, dass die Tätigkeit des Verteidigers im Grundverfahren nach dem StrEG wegen Vorbem. 4.1 Abs. 2 Satz 1 VV RVG mit den Verteidigergebühren nach Nrn. 4100 ff. VV RVG abgegolten ist (OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2007, 223 m. Anm. Burhoff RVGreport 2007, 390; OLG Köln NStZ-RR 2010, 64; AGS 2009, 483; Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.3 Rn 24; vgl. noch zur BRAGO OLG Bremen MDR 1975, 602; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 869; OLG Koblenz MDR 1973, 957). Das gilt im Übrigen auch für die Tätigkeit des Verteidigers im Beschwerdeverfahren gem. § 8 Abs. 3 StrEG gegen die Grundentscheidung (OLG Düsseldorf AGS 2011, 70; AG Koblenz AGkompakt 2011, 8; Burhoff/Volpert, RVG, Vorbem. 4.3 Rn 24). Das Grundverfahren stellt für den Verteidiger lediglich einen unselbstständigen Annex zum Strafverfahren dar.

 

☆ Die im Grundverfahren erbrachte (Mehr-)Tätigkeit kann allenfalls im Rahmen der Gebührenbemessung der ...

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