Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Disziplinarverfahren ist in formeller Hinsicht für Bundesbeamte im BDG und für Landesbeamte in den jeweiligen Landesdisziplinargesetzen geregelt.
2. Die Aussetzung des Disziplinarverfahrens bei Einleitung eines strafrechtlichen EV ist in vielen Disziplinaranordnungen zwingend bzw. mit Ermessen vorgesehen.
3. Ein rechtskräftiges Strafurteil bindet hinsichtlich aller tragenden tatsächlichen Feststellungen das behördliche Disziplinarverfahren.
4. § 14 BDG bestimmt nach einem Straf- oder Bußgeldverfahren Disziplinarmaßnahmenverbote.
5. Das Disziplinarverfahren ist in vier Phasen unterteilt.
 

Rdn 461

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Beamte, Allgemeines, Teil H Rdn 456.

 

Rdn 462

1. Das Disziplinarverfahren in formeller Hinsicht ist für Bundesbeamte in dem Bundesdisziplinargesetz (BDG) und für Landesbeamte in den jeweiligen Landesdisziplinargesetzen (in Berlin: Disziplinargesetz, DiszG) geregelt.

 

☆ Disziplinarverfahren sind zeitraubend . Der Verteidiger sollte daher unbedingt an den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG) denken.sind zeitraubend. Der Verteidiger sollte daher unbedingt an den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG) denken.

 

Rdn 463

2. Die Aussetzung des Disziplinarverfahrens bei Einleitung eines strafrechtlichen EV ist in vielen Disziplinaranordnungen zwingend bzw. mit Ermessen vorgesehen (vgl. z.B. § 22 BDG). Oft wird – auch aus Fürsorgegründen – der betroffene Beamte umgesetzt. Die Disziplinaranordnungen sehen auch vorläufige Dienstenthebungen bzw. vorläufiges Einbehaltung der Dienstbezüge vor. Hiergegen kann das Gericht angerufen werden.

 

Rdn 464

3. Ein rechtskräftiges Strafurteil bindet hinsichtlich aller tragenden tatsächlichen Feststellungen das behördliche Disziplinarverfahren (§ 23 BDG). Im gerichtlichen Disziplinarverfahren sind Abweichungen nur bei offenkundigen Unrichtigkeiten möglich (vgl. i.Ü. §§ 56, 65 BDG). In zahlreichen landesrechtlichen Regelungen genügen bereits Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellung. Umfasst sind von der Bindungswirkung nur Tatsachenfeststellungen, die zu den Tatbestandsmerkmalen der Strafnorm und zur Frage der Schuldfähigkeit gem. § 20 StGB gehören, nicht diejenigen zur verminderten Schuldfähigkeit und zur Strafzumessung. Der Strafbefehl bzw. eine Einstellungsverfügung binden inhaltlich nicht für das Disziplinarverfahren.

 

☆ Hier bieten sich vielfältige Ansatzpunkte, um die Behörde/das Disziplinargericht zum Ermitteln zu bringen, wenn z.B. im Strafverfahren keine verminderte Schuldfähigkeit geltend gemacht worden ist.

4. § 14 BDG bestimmt nach einem Straf- oder Bußgeldverfahren folgende Disziplinarmaßnahmenverbote:

 

Rdn 465

a) Nach einem Freispruch im Strafverfahren kann nach § 14 Abs. 2 BDG nur dann noch disziplinarrechtlich geahndet werden, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt ein Dienstvergehen darstellt, ohne den Tatbestand einer Strafvorschrift zu erfüllen (so genannter disziplinarer Überhang).

 

Rdn 466

b) Bei Verhängung einer Strafe/eines Bußgeldes oder endgültiger Einstellung gem. § 153a StPO bestimmen viele Disziplinargesetze, so auch § 14 Abs. 1 BDG ein absolutes Maßnahmeverbot (so z.B. auch Berlin). Ist also gegen einen Beamten unanfechtbar eine Strafe/Bußgeld verhängt worden, darf wegen desselben Sachverhalts kein Verweis oder eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehaltes ausgesprochen werden. Die Entfernung aus dem Dienst bleibt immer möglich. Die Kürzung der Dienstbezüge (laut BDG) und die Zurückstufung (laut DiszG) nur, wenn dies erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten.

 

Rdn 467

Es handelt sich hier um ein relatives Maßnahmeverbot. Dies bedeutet, dass in den Disziplinarordnungen die Zulässigkeit der Verhängung bestimmter weiterer Disziplinarmaßnahmen neben der strafrechtlichen Verurteilung von einer besonderen Prüfung der Erforderlichkeit abhängig gemacht wird. Unter Strafe verstehen die Disziplinarordnungen alle Verurteilungen nach dem StGB und strafrechtlichen Nebengesetzen, durch die eine Strafe verhängt worden ist. Hierzu gehören auch Strafbefehle sowie die Verwarnung mit Strafvorbehalt. Diese Maßnahmenverbote kommen nur dann in Betracht, wenn es sich um denselben Sachverhalt (prozessuale Tat i.S. des § 264 StPO) handelt.

 

Rdn 468

5. Das Disziplinarverfahren kann folgende Phasen haben:

behördliches Verfahren,
etwaiges Widerspruchsverfahren
Disziplinarklage
Berufung
Revision
 

Rdn 469

a) I.d.R. übernehmen vom Disziplinarvorgesetzten eingesetzte Ermittlungsführer die Aufgabe, das behördliche Verfahren zu leiten. Sie sind weisungsgebunden und ermitteln. Am Ende erstatten sie einen Bericht über das Ermittlungsergebnis.

 

☆ Der Beamte hat im Verfahren die Beschuldigtenrechte , die Wahrheitspflicht ist ebenso eingeschränkt wie im Strafverfahren. So muss der Beamte z.B. über seine Rechte belehrt werden (vgl. die §§ 20 ff. BDG).Beschuldigtenrechte, die Wahrheitspflicht ist ebenso eingeschränkt wie im Strafverfahren. So muss der Beamte z.B. über seine...

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