Das Wichtigste in Kürze:

1. (Gesetzliche) Regelungen über das Gnadeninstitut finden sich sowohl im GG, in den Gnadenordnungen, als auch im Saarland in einem Gnadengesetz.
2. Die Gewährung von Gnade setzt eine rechtskräftige Verurteilung und ein Ausschöpfen der rechtlichen Möglichkeiten des Vorgehens gegen die Strafe voraus.
3. Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit ist zunächst auf die Faustregel abzustellen, dass sich diese nach derjenigen Staatsgewalt richtet, die auch für die Ahndung zuständig war. Auf Bundesebene wird Gnade meist vom Bundespräsidenten gewährt.
4. Ein Gnadenverfahren kann ohne große formelle Hürden eingeleitet werden. Dennoch sind einige Punkte zu beachten, damit sich die meist ohnehin geringen Erfolgschancen erhöhen.
5. Vor der Gnadenentscheidung sind i.d.R. Ermittlungen durchzuführen und Stellungnahmen einzuholen.
6. Das Gnadenverfahren ist kostenfrei.
 

Rdn 17

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Gnade, Allgemeines, Teil G Rdn 2.

 

Rdn 18

1.a) (Gesetzliche) Regelungen über das Gnadeninstitut finden sich sowohl im GG, in den Gnadenordnungen, als auch im Saarland in einem Gnadengesetz. Hervorzuheben ist, dass das Gnadenrecht verfassungsrechtlich nur in einer Kompetenznorm verankert ist, da Art. 60 GG lediglich eine Zuständigkeitsregelung enthält. Nur aufgrund dieser verfassungsrechtlichen "Verankerung" wird das Gnadenrecht anerkannt. Nachdem das Gnadenrecht auf den Bund und die Länder aufgeteilt ist, muss auch hier bezüglich der Quellen unterschieden werden. Bevor ein Gnadenantrag gestellt wird, ist zunächst die sachliche Zuständigkeit zu klären, da sich hiernach das Gnadenverfahren richtet (vgl. Rdn 43 ff.).

 

Rdn 19

b) Für den Bund wird noch heute die Gnadenordnung von 1935 sinngemäß angewandt, die vom Reichsjustizminister im Rahmen der allgemeinen Verrechtlichung erlassen wurde. Geregelt ist dabei neben dem Inhalt und dem Umfang von Gnade auch das Verfahren von Gnadensachen.

 

Rdn 20

c) An dieser Gnadenordnung orientieren sich die meisten Gnadenordnungen der Länder. Diese stellen zwar keine Gesetze, sondern lediglich Verwaltungsvorschriften dar, was jedoch nichts daran ändert, dass diese obligatorisch angewandt werden. Ein Gnadengesetz wurde einzig im Saarland erlassen. Allerding unterscheidet sich dieses wenig von den übrigen Gnadenordnungen, da auch dort nur das Verfahren und nicht die Voraussetzungen für Gnade geregelt sind.

 

☆ Der Ablauf des Gnadenverfahrens ist in den meisten Ländern in Gnadenordnungen geregelt. Nachdem hier keine Einheitlichkeit besteht, ist zunächst die sachliche Zuständigkeit zu klären und dann die jeweiligen Gnadenordnungen heranzuziehen. Diese sind zwar nur Verwaltungsvorschriften, werden allerdings obligatorisch angewandt.Ablauf des Gnadenverfahrens ist in den meisten Ländern in Gnadenordnungen geregelt. Nachdem hier keine Einheitlichkeit besteht, ist zunächst die sachliche Zuständigkeit zu klären und dann die jeweiligen Gnadenordnungen heranzuziehen. Diese sind zwar nur Verwaltungsvorschriften, werden allerdings obligatorisch angewandt.

 

Rdn 21

d) Die "gesetzlichen Grundlagen" für Gnade sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt.

 

Rdn 22

 

Bundesrechtliche Vorschriften:

Art. 60 Grundgesetz vom 23.5.1949 (BGBl. S. 1)
Anordnung des Bundespräsidenten über die Ausübung des Begnadigungsrechts des Bundes vom 5.10.1965 (BGBl. I S. 1573)
 

Rdn 23

 

Baden-Württemberg

Art. 52 Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11.11.1953 (GBl. 1953, 173)
Anordnung des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Gnadenrechts v. 25.9.2001, (GBl. S. 567)
Anordnung des Justizministeriums Baden-Württemberg über das Verfahren in Gnadensachen vom 20.9.2001 (Die Justiz 2001, 506)
 

Rdn 24

 

Bayern

Art. 47 Verfassung des Freistaates Bayern vom 15.12.1998 (GVBl S. 991)
Bekanntmachung des Bayerischen Ministerpräsidenten über die Ausübung des Begnadigungsrechts vom 20.9.1973 (BayRS 313–2–S)
Bayerische Gnadenordnung v. 29.5.2006 (GVBl S. 321)
 

Rdn 25

 

Berlin

Art. 81 Verfassung von Berlin v. 23.11.1995 (GVBl. S. 779)
Gesetz über den Ausschuß für Gnadensachen vom 19.12.1968 (GVBl. S. 1767)
Anordnung über die Ausübung des Begnadigungsrechts vom 25.9.2007 (ABl. Nr. 45, S. 2686)
Allgemeine Verfügung über das Verfahren in Gnadensachen vom 10.6.2014 (ABl S. 1162)
 

Rdn 26

 

Brandenburg

Art. 92 Brandenburgische Verfassung v. 20.8.1992 (GVBl. I S. 298)
Erlass des Ministerpräsidenten über die Ausübung des Begnadigungsrechts v. 19.4.1995, (ABl. S 442)
Gnadenordnung – Allgemeine Verfügung der Ministerien der Justiz v. 11.9.2007 (4253-III.2, BbgJMBl S. 150)
 

Rdn 27

 

Bremen

Art. 121 Bremische Verfassung v. 30.1.2015 (GBl. S. 251)
Anordnung über die Ausübung des Begnadigungsrechts vom 4.11.1958, (SaBremR 313-a-1)
Allgemeine Verfügung des Senators für Rechtspflege und Strafvollzug über das Verfahren in Gnadensachen v. 6.11.1984 (ABl S. 385)
 

Rdn 28

 

Hamburg

Art. 44 Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg v. 6.6.1952 (HmbBL I 100-a)
Anordnung über die Ausübung des Begnadigun...

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