Das Wichtigste in Kürze:

1. Sämtliche im Strafverfahren gewonnenen und teilweise nachfolgend auch zu präventiven Zwecken gespeicherten und verwendeten Daten tangieren das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG desjenigen, dessen Daten erhoben, gespeichert und genutzt werden.
2. Die formalen Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde sollen hier nur kursorisch benannt werden, um auf mögliche Probleme hinzuweisen.
3. Neben den bereits erwähnten formalen Voraussetzungen der Verfassungsbeschwerde verlangt die zulässige Einlegung dieses Rechtsmittels die fristgerechte Begründung und Substantiierung der Beschwerde.
4. Der Beschwerdeführer muss bei der Beschwerdebegründung im Rahmen der materiellen Subsidiarität insbesondere darlegen, alles ihm Mögliche und Zumutbare getan zu haben, um gegen die Grundrechtsverletzung vorzugehen.
5. Darüber hinaus sind alle relevanten Unterlagen zu der gerügten Grundrechtsverletzung der Beschwerde in Kopie als Anlage beizufügen.
 

Rdn 349

 

Literaturhinweise:

Amelung/Wirth, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit 1990 zum Schutz materieller Grundrechte im Strafverfahren, StV 2002, 161

Bottke, Rechtsbehelfe der Verteidigung im EV – eine Systematisierung, StV 1986, 120

Denninger, Die Trennung von Verfassungsschutz und Polizei und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, ZRP 1981, 231

Gurlit, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des Datenschutzes, NJW 2010, 1035

Klein/Sennekamp, Aktuelle Zulässigkeitsprobleme der Verfassungsbeschwerde, NJW 2007, 945

s.a. die Hinweise bei Burhoff/Kotz/Geipel, RM, → Teil C: Rn 925 ff.).

 

Rdn 350

1.a) Sämtliche im Strafverfahren gewonnenen und teilweise nachfolgend auch zu präventiven Zwecken gespeicherten und verwendeten Daten tangieren das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG desjenigen, dessen Daten erhoben, gespeichert und genutzt werden (hierzu Gurlit, NJW 2010, 1035, 1036). Aufgrund des Verfassungsrangs des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung besteht grds. die Möglichkeit gegen die Eingriffe in das Recht Verfassungsbeschwerde zu erheben, sofern zuvor der Rechtsweg erfolglos beschritten wurde. Neben dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung können andere Grundrechte durch die Erhebung von Daten betroffen sein, wie etwa das Recht auf Menschenwürde gem. Art. 1 GG oder auch die Unverletzlichkeit der Wohnung gem. Art. 13 GG im Falle der akustischen Wohnraumüberwachung oder das Post- und Fernmeldegeheimnis gem. Art. 10 GG (Gurlit NJW 2010, 1035, 1036 f.; vgl. auch Denninger ZRP 1981, 231, 232). Da sämtlichen mit der Erhebung, Speicherung und Verwendung von Daten im Zusammenhang mit dem Strafverfahren erfolgten Maßnahmen ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemein ist, beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen zur Verfassungsbeschwerde auf die Verletzung dieses Grundrechts.

 

☆ Soll gegen Eingriffe im EV Verfassungsbeschwerde erhoben werden, stellen sich Probleme insbesondere im Hinblick auf die Rechtswegerschöpfung , Subsidiarität und das Rechtsschutzinteresse .Rechtswegerschöpfung, Subsidiarität und das Rechtsschutzinteresse.

 

Rdn 351

b) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und gewährleistet dem Einzelnen das Recht, grds. selbst über die Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BVerfGE 65, 1; 78, 77; 113, 29, 46). Die Bedeutung dieses Rechts steigt mit der sich stetig ausweitenden Bedeutung moderner Datenverarbeitung (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 2 Rn 16), die sich auch die Ermittlungsbehörden im Strafverfahren zunutze machen. Auch für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist daher die sogenannte Schrankentrias des Art. 1 Abs. 1 GG zu beachten, die auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung des Eingriffs in das Grundrecht ausstrahlt. Das bedeutet, dass grds. zu differenzieren ist, ob durch den Grundrechtseingriff in die Sozial-, Privat- oder Intimsphäre des Betroffenen eingegriffen wurde (Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 2 Rn 18). Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang die sogenannte Sphärentheorie entwickelt, nach der Eingriffe in die Intimsphäre als unantastbarer Kernbereich des Persönlichkeitsschutzes nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sind (BVerfGE 6, 32; 10, 55, 59; 34, 238, 245; 103, 21, 31). Liegt hingegen ein Eingriff in Sozial- oder Privatsphäre vor, dann ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen, ob im Rahmen einer Güterabwägung im konkreten Einzelfall Gründe der Gemeinverträglichkeit und des Gemeinwohls den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen überwiegen und der Eingriff damit im angemessenen Verhältnis zur Sache steht (BVerfGE 27, 344; 32, 373, 381; 35, 202; Amelung/Wirth StV 2002, 161, 166; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, Art. 2 Rn 19).

 

Rdn...

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