Das Wichtigste in Kürze:

1. Ein Strafgericht kann unter bestimmten Voraussetzungen gegen einen Angeklagten ein Berufsverbot oder das Verbot einer Gewerbeausübung aussprechen.
2. Ein Berufsverbot nach §§ 70 ff. StGB wird in der strafrichterlichen Spruchpraxis eher selten angeordnet.
3. Wirksam wird das Berufsverbot mit Rechtskraft des Urteils (§ 70 Abs. 4 S. 1 StGB).
4. Auch wenn dem Strafverfahren im Allgemeinen der Vorrang, können Berufsgerichte wie Verwaltungsbehörden nach anderen Vorschriften selbstständig und unabhängig von einer strafgerichtlichen Ahndung gemäß § 70 StGB die Berufsausübung untersagen.
 

Rdn 2

 

Literaturverzeichnis:

Eyermann, Untersagung der Berufsausübung durch Strafurteil und Verwaltungsakt, JuS 1964, 269

Kamann, Handbuch für die Strafvollstreckung und den Strafvollzug, 2. Aufl. 2008

Kotz/Rahlf, Praxis des Betäubungsmittelstrafrechts (Kap. 8, H. Anordnung eines Berufsverbots), 2012

Kretschmer, Die Reichweite des strafrechtlichen Berufsverbots für Rechtsanwälte, NStZ 2002, 576

Lemke-Küch, Die Bindungswirkung strafgerichtlicher Entscheidungen für die Anordnung berufsgerichtlicher, verwaltungs- oder disziplinarrechtlicher Maßnahmen, StRR 2015, 48

Meyer, Kommentar zum StrEG (Entschädigung für andere Strafverfolgungsmaßnahmen) 2014

Neuhaus/Putzke, Rechtsschutz in der Strafvollstreckung, Teil 1, ZAP F. 22, S. 435

ders., Rechtsschutz in der Strafvollstreckung, Teil 2, ZAP F. 22, S. 447

Parriger, Urteilsfolgen neben der Strafe, StraFo 2011, 447

Röth, Nebenfolgen strafrechtlicher Verurteilung, StraFo 2012, 354

s.a. die Hinw. bei den Stichwörtern in → Teil H: Personen- und Berufsgruppen, Fahrerlaubnisrecht.

 

Rdn 3

1. Ein Strafgericht kann unter bestimmten Voraussetzungen gegen einen Angeklagten ein Berufsverbot oder das Verbot einer Gewerbeausübung aussprechen. Das Berufsverbot ist keine Strafe, sondern reine Sicherungsmaßregel (NK-Pollähne, § 70 Rn 1). Als solche darf es nur auf präventive Gesichtspunkte gestützt werden (OLG Karlsruhe StV 1973, 403). Eine Anordnung im Hinblick auf Sühne- oder Vergeltungsbedürfnisse, Schuldgesichtspunkte oder generalpräventive Gesichtspunkte ist unzulässig (NK-Pollähne, a.a.O.; MüKo-StGB/Athing/Bockemühl, § 70 Rn 2).

 

Rdn 4

2. Ein Berufsverbot nach §§ 70 ff. StGB, das grds. für jedes Gewerbe und sämtliche Berufe gilt (Fischer, § 70 Rn 2) wird in der strafrichterlichen Spruchpraxis eher selten angeordnet (aktuell verhängen Strafgerichte im Jahresdurchschnitt gegen etwa 70 Personen ein Berufsverbot, vgl. SSW-StGB/Jehle/Harrendorf, § 70 Rn 2; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 70 Rn 1 m.w.N.: zu den Voraussetzungen → Berufsverbot, Voraussetzungen, Teil B Rdn 82 ff.).

 

Rdn 5

3. Wirksam wird es mit Rechtskraft des Urteils (§ 70 Abs. 4 S. 1 StGB). Für den Betroffenen sind damit regelmäßig existenzgefährdende bis -vernichtende Folgen verbunden.

 

☆ Über die Rechtskraft eines Strafurteils hinaus verlangt daher schon der Blick des Instanzverteidigers entsprechende Aufmerksamkeit im Ermittlungs- und Hauptverfahren, zumal über das strafrechtliche Berufsverbot hinaus regelmäßig verwaltungs- und berufsrechtliche Anordnungen mit ihren zu den Strafgerichten konkurrierenden Befugnissen in Betracht kommen können. Deren Reichweite und Auswirkungen sind für einen davon Betroffenen nicht minder gravierend, manchmal sogar einschneidender (vgl. unten Rdn  34  ff. und die Ausführungen bei den Stichwörtern in Teil H: Personen-, Berufsgruppen, Fahrerlaubnisrecht.entsprechende Aufmerksamkeit im Ermittlungs- und Hauptverfahren, zumal über das strafrechtliche Berufsverbot hinaus regelmäßig verwaltungs- und berufsrechtliche Anordnungen mit ihren zu den Strafgerichten konkurrierenden Befugnissen in Betracht kommen können. Deren Reichweite und Auswirkungen sind für einen davon Betroffenen nicht minder gravierend, manchmal sogar einschneidender (vgl. unten Rdn 34 ff. und die Ausführungen bei den Stichwörtern in Teil H: Personen-, Berufsgruppen, Fahrerlaubnisrecht.

 

Rdn 6

Ein Berufsverbot kann zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 70a StGB). Die damit und mit dem Widerruf zusammenhängenden Fragen sind dargestellt bei → Berufsverbot, Bewährungsaussetzung, Teil B Rdn 53. Die Vollstreckungsbehörde kann den Aufschub eines Berufsverbots anordnen. Die Ausführungen dazu finden sich bei → Berufsverbot, Aufschub/Aussetzung (§ 456c StPO), Teil B Rdn 16.

 

Rdn 7

4. Auch wenn dem Strafverfahren im Allgemeinen der Vorrang gebührt (vgl. BGHSt 33, 155), können Berufsgerichte wie Verwaltungsbehörden nach anderen Vorschriften selbstständig und unabhängig von einer strafgerichtlichen Ahndung gemäß § 70 StGB die Berufsausübung untersagen (Fischer, § 70 Rn 17; s.a. die Ausführungen bei den Stichwörtern in Teil H: Personen-, Berufsgruppen, Fahrerlaubnisrecht zu den jeweiligen Berufsgruppen).

 

Rdn 8

a) Angesichts unterschiedlicher Schutzzwecke von strafgerichtlichem Berufsverbot und verwaltungsrechtlichen/berufsrechtlichen Ahndungsmöglichkeiten gibt es nur in begrenztem Umfang wechselseitige Abhängigkeiten.

 

Rdn 9

Sieht z.B. ein Strafrichter von...

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