Rdn 392

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Justizverwaltungsakte, Anfechtung (§§ 23 ff. EGGVG), Allgemeines, Teil B Rdn 310, und bei Burhoff/Kotz/Schmidt-Clarner, Nachsorge, Teil C Rn 180.

 

Rdn 393

1. Vollzugsbehörden stehen den Justizbehörden nach § 23 Abs. 1 S. 2 EGGVG gleich, soweit sie Maßnahmen im Rahmen des Vollzugs der Untersuchungshaft oder von Freiheitsstrafe oder Maßregeln der Besserung und Sicherung, die außerhalb des Justizvollzugs stattfinden, anordnen.

 

Rdn 394

2.a) Schon nach dem Wortlaut sind demnach Maßnahmen innerhalb des Strafvollzugs nicht nach §§ 23 ff. EGGVG anfechtbar. Hier eröffnen §§ 109 ff. StVollzG den Rechtsweg zum LG (vgl. hierzu eingehend Burhoff/Kotz/Schmidt-Clarner, Nachsorge, Teil C Rn 179 ff.).

 

☆ Dies gilt auch für den Fall, wenn der Gefangene inzwischen entlassen worden ist (KG NStZ 2008, 226; OVG Koblenz NStZ 1986, 333).Gefangene inzwischen entlassen worden ist (KG NStZ 2008, 226; OVG Koblenz NStZ 1986, 333).

§§ 23 ff. EGGVG finden hingegen Anwendung bei Vollzug von Freiheitsstrafen außerhalb des Justizvollzugs, etwa bei Soldaten nach Art. 5 Abs. 2 EGWStG.

 

Rdn 395

b) Einen Sonderfall stellt das Begehren eines Strafgefangenen auf Verlegung in ein anderes Bundesland dar. Nach wohl h.M. muss die ablehnende Entscheidung der JVA, in der sich der Gefangene befindet, nach §§ 109 ff. StVollzG angefochten werden. Dabei umfasst die gerichtliche Prüfung aber nicht die Kontrolle, ob das Aufnahmeland seine Aufnahmewilligkeit zu Recht abgelehnt hat. Hierfür muss der Antragsteller über §§ 23 ff. EGGVG stattdessen ein weiteres Verfahren gegen die Justizbehörde des Aufnahmelandes anstrengen (KG NStZ-RR 2007, 124, 125; OLG Bamberg RuP 2010, 232; OLG Hamm StV 2004, 86, 87; OLG Naumburg NStZ 2012, 395; OLG Stuttgart NStZ 1997, 103, 104; AK-StVollzG/Kamann/Spaniol, § 111 StVollzG Rn 4; tendenziell auch BGH NStZ-RR 2002, 26). Hiervon abweichend wird z.T. vertreten, dass die Entscheidung des Aufnahmelandes inzidenter im Verfahren gegen die JVA nach §§ 109 ff. StVollzG überprüft wird (OLG Zweibrücken ZfStrVo 1983, 248, 249; Arloth, StVollzG: Strafvollzugsgesetze, 3. Aufl. 2011, § 8 StVollzG, Rn 11). Nach einer weiteren Auffassung soll auch die ablehnende Entscheidung der JVA einer Kontrolle nach §§ 23 ff. EGGVG (statt §§ 109 ff. StVollzG) zugänglich sein (OLG Schleswig NStZ-RR 2008, 126). Insgesamt erscheint die h.M. dogmatisch am saubersten, ist aber wegen des doppelt (jedoch nicht notwendig nacheinander, OLG Naumburg FS 2013, 56) zu bestreitenden Rechtswegs dennoch unbefriedigend.

 

Rdn 396

3. Maßnahmen, die im Rahmen des Maßregelvollzugs in psychiatrischen Krankenhäusern oder Entziehungsanstalten erfolgen, sind nur nach §§ 138 Abs. 3, 109 ff. StVollzG anfechtbar (§ 23 Abs. 3 EGGVG).

 

Rdn 397

4. Bis zum 1.1.2008 konnte Rechtsschutz gegen Maßnahmen im Vollzug von Jugendstrafe und -arrest nur über §§ 23 ff. EGGVG beantragt werden. Nach Beanstandung durch das BVerfG (NJW 2006, 2093) und Neuregelung durch den Gesetzgeber richtet sich der Rechtsschutz nunmehr nach § 92 Abs. 1 S. 2 JGG, der auf §§ 109 ff. StVollzG verweist. Zu beachten ist ein ggf. durchzuführendes Schlichtungsverfahren (§ 92 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. JGG, z.B. nach § 87 Abs. 4 SaarlJVollzG; zu allem a. Burhoff/Kotz/Schimmel, Nachsorge, Teil C Rn 531).

 

Rdn 398

5. Für die in § 23 Abs. 1 S. 2 EGGVG ausdrücklich erwähnten Maßnahmen der Behörden in Untersuchungshaftvollzugssachen ist der Anwendungsbereich der §§ 23 ff. EGGVG aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 23 Abs. 3 EGGVG durch die vorgehende Regelung des § 119a erheblich eingeschränkt worden (OLG Naumburg, Beschl. v. 17.8.2010 – 2 ARs 7/10). Regelmäßig zuständig ist demnach für Einwendungen gegen solche Maßnahmen der Haftrichter (OLG Jena StV 2011, 35, 36). Wegen § 114b Abs. 2 S. 1 Nr. 8c gilt dies auch für Verpflichtungsbegehren (LR-Böttcher, § 23 EGGVG, Rn 126; a.A. Grube StV 2013, 534, 537).

 

☆ Entgegen der Auffassung des OLG Hamm (NStZ-RR 2012, 62) finden §§ 23 ff. EGGVG auch dann keine Anwendung , wenn nicht eine konkrete Einzelmaßnahme , sondern eine allgemeine Regelung im Streit steht, die wegen ihres generellen Organisationscharakters über den individuellen Interessenbereich einzelner Gefangener hinausgeht und die Gesamtverhältnisse in der JVA zur Gestaltung der Untersuchungshaft betrifft. Auch insoweit geht § 119a vor. Traditionell zählen nämlich auch Allgemeinverfügungen zu den Maßnahmen . Für ein abweichendes Verständnis des Begriffs in § 119a sind keine Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. auch Schultheis NStZ 2013, 87, 91; fraglich daher auch LG Göttingen Nds.Rpfl 2016, 24).keine Anwendung, wenn nicht eine konkrete Einzelmaßnahme, sondern eine allgemeine Regelung im Streit steht, die wegen ihres generellen Organisationscharakters über den individuellen Interessenbereich einzelner Gefangener hinausgeht und die Gesamtverhältnisse in der JVA zur Gestaltung der Untersuchungshaft betrifft. Auch insoweit geht § 119a vor. Traditionell zählen nämlich auch Allgemeinverfügungen zu den "Maßnahmen"...

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