Rdn 2094

 

Literaturhinweise:

Dahs, Das Schweigen des Verteidigers zu tatrichterlichen Verfahrensfehlern und die Revision, NStZ 2007, 241

Detter, Die Beweiskraft des Protokolls und die Wahrheitspflicht der Verfahrensbeteiligten, StraFo 2004, 329

Gaede, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 11.8.2006 – 3 StR 284/05 (Unwahre Protokolllüge), StraFo 2007, 29

Meyer-Mews, Wer lügt denn da? Anmerkung zu BGH, Urt. v. 11.8.2006 – 3 StR 284/05, StraFo 2007, 194

Park, Die Beweiskraft des Protokolls und die Wahrheitspflicht der Verfahrensbeteiligten, StraFo 2004, 335

Satzger/Hanft, Erheben einer bewusst unwahren Protokollrüge im Rahmen der Revision als Rechtsmissbrauch? – Besprechung des Urteils des 3. Strafsenats des BGH vom 11.8.2006 – 3 StR 284/05, NStZ 2007, 185 ff.

s. auch die Hinw. bei → Revision, Allgemeines, Teil A Rdn 2006.

 

Rdn 2095

1.a) Über die HV ist gem. § 271 Abs. 1 ein Protokoll aufzunehmen, das gemäß § 273 Abs. 1 den Gang und die Ergebnisse der HV im Wesentlichen wiedergeben und die Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen muss. Das Protokoll dient in erster Linie der Nachprüfung des gesetzmäßigen Ablaufs der HV durch das Rechtsmittelgericht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 273 Rn 1; Burhoff, HV, Rn 2092 ff.).

 

Rdn 2096

b) Aus dem Protokoll muss die zeitliche Reihenfolge aller wesentlichen Verfahrensvorgänge ersichtlich sein. Zudem muss die Beachtung der wesentlichen Förmlichkeiten wiedergegeben werden.

 

Rdn 2097

 

Übersicht: Wesentliche protokollierungsbedürftigen Förmlichkeiten:

Angaben über die Öffentlichkeit der Verhandlung (§§ 169 ff. GVG),
die Anwesenheit der in § 226 bezeichneten Verfahrensbeteiligten (BGHSt 24, 280),
die Anwesenheit des Verteidigers in Fällen der notwendigen Verteidigung,
die An- und Abwesenheit des Angeklagten (§§ 230 ff.),
die Verlesung der Anklage (BGH NStZ 1984, 521; 1986, 374),
die Vernehmung des Angeklagten zur Person und zur Sache (BGH StV 1995, 513),
alle gesetzlich vorgeschriebenen Belehrungen, einschließlich der Rechtsmittelbelehrung,
prozessuale Einverständnis- und Verzichtserklärungen,
hinsichtlich der Entscheidung über die Vereidigung oder Nichtvereidigung von Zeugen und Sachverständigen ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Eine Ansicht verlangt auch die Protokollierung der Nichtvereidigung als wesentliche Förmlichkeit (BGH StraFo 2005, 244 [1. Strafsenat], BGH NStZ 2005, 340 [3. Strafsenat]). Nach anderer Ansicht soll die Nichtvereidigung nicht in das Protokoll aufzunehmen sein, wenn kein Antrag auf Vereidigung gestellt worden war (BGH NJW 2006, 388 [2. Strafsenat]),
jede Beweiserhebung,
gesetzlich vorgesehene Erklärungen des Angeklagten bzw. der Zeugen,
Erörterungen nach § 257b (s. § 273 Abs. 1 S. 2),
Mitteilungen nach § 243 Abs. 4 (zu den Mitteilungen Burhoff, HV, Rn 1866 ff.),
das Zustandekommen einer Verständigung nach § 257c (s. § 273 Abs. 1a),
die Schlussvorträge und das letzte Wort des Angeklagten.
 

☆ Ein Inhaltsprotokoll , das die wesentlichen Vernehmungsergebnisse zusammenfasst, wird nur beim AG beim Strafrichter und beim Schöffengericht geführt (§ 273 Abs. 2). Eine wörtliche Protokollierung findet aber auch hier grds. nicht statt. Diese ist nach § 273 Abs. 3 nur dann vorgeschrieben, wenn es auf die Feststellung eines Vorgangs oder auf den Wortlaut einer Äußerung ankommt (vgl. dazu Burhoff , HV, Rn 2114). Beim LG wird nur der Verfahrensvorgang als solcher protokolliert. Zu den Inhalten von Vernehmungen oder Erklärungen enthält ein landgerichtliches Protokoll keine Eintragungen.Inhaltsprotokoll, das die wesentlichen Vernehmungsergebnisse zusammenfasst, wird nur beim AG beim Strafrichter und beim Schöffengericht geführt (§ 273 Abs. 2). Eine wörtliche Protokollierung findet aber auch hier grds. nicht statt. Diese ist nach § 273 Abs. 3 nur dann vorgeschrieben, wenn es auf die Feststellung eines Vorgangs oder auf den Wortlaut einer Äußerung ankommt (vgl. dazu Burhoff, HV, Rn 2114). Beim LG wird nur der Verfahrensvorgang als solcher protokolliert. Zu den Inhalten von Vernehmungen oder Erklärungen enthält ein landgerichtliches Protokoll keine Eintragungen.

 

Rdn 2098

2.a) Die Beweiskraft des HV-Protokolls bezieht sich gemäß § 274 S. 1 ausschließlich auf die Beobachtung der wesentlichen Förmlichkeiten (vgl. z.B. BGH NJW 2012, 1015 = NStZ 2012, 331). Das Inhaltsprotokoll nach § 273 Abs. 2 und das Wortprotokoll nach § 273 Abs. 3 haben daher nicht die formelle Beweiskraft des Sitzungsprotokolls. Allerdings schließt das einen revisionsrechtlichen Angriff auf die Urteilsfeststellungen nicht aus, wenn diese mit dem Inhalts- oder dem Wortprotokoll nicht in Einklang zu bringen sind bzw. sich mit den dortigen Festschreibungen nicht auseinandersetzen, obwohl eine Würdigung geboten gewesen wäre (vgl. BGHSt 38, 14).

 

Rdn 2099

b) Die Beweiskraft des Protokolls kann sowohl positiv als auch negativ sein: Auf der einen Seite gelten grds. alle im Protokoll beurkundeten Förmlichkeiten als geschehen, auf der anderen Seite gilt grds. aber auch als nicht geschehen, was n...

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