Das Wichtigste in Kürze:

1. Das Gesetz sieht für die Verfahrensrüge strenge Formvorschriften vor.
2. Der Beschwerdeführer hat bei der Erhebung der Verfahrensrüge die den Mangel begründenden Tatsachen genau und vollständig anzugeben.
3. Das notwendige Rügevorbringen richtet sich nach der konkret im Einzelfall erhobenen Verfahrensrüge.
4. Sind Verfahrensvorschriften verletzt, kann sich nach der StPO daraus ein sog. absoluter oder ein nur relativer Revisionsgrund ergeben.
5. Die Verfahrensrüge ist strikt von den von Amts wegen zu prüfenden Verfahrensvoraussetzungen und Verfahrenshindernissen abzugrenzen.
6. Einer ordnungsgemäß erhobenen Verfahrensrüge darf durch eine nachträgliche Protokollberichtigung die Tatsachengrundlage entzogen werden (sog. Rügeverkümmerung).
 

Rdn 1183

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Rechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeitenverfahren, ZAP F. 21, S. 263

ders., Verteidigerfehler in der Tatsachen- und Revisionsinstanz, StV 1997, 432

ders., Entbindung vom Erscheinen in der Hauptverhandlung, VRR 2007, 250

Fezer, Anmerkung zu BGH Beschluss 1 StR 466/05 v. 12.1.2006, StV 2006, 290

Gieg, Die strafprozessuale Verfahrensrüge in Straßenverkehrssachen Ursachen und Folgen anwaltlicher Preisgabe von Rügeoptionen im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren, DAR 2012, 624

Gieg/Olbermann, Die anwaltliche Rechtsbeschwerde in Straßenverkehrssachen, DAR 2009, 617

Gribbohm, Das Scheitern der Revision nach § 344 StPO, NStZ 1983, 97

Hamm, Die Revision in Strafsachen, 7. Aufl. 2010

Jahn/Widmaier, BGH v. 12.1.2006 – 1 StR 466/05, Anfragebeschluss: Verwertbarkeit des Hauptverhandlungsprotokolls nach Berichtigung gegen den Revisionsführer, JR 2006, 166

Junker, Beweisantragsrecht im Strafprozess, 2014

Krawczyk, Der Anfragebeschluss des 1. Strafsenats des BGH vom 12.1.2006 zur Beachtlichkeit nachträglicher Protokollberichtigungen – Steht der Revisionspraxis eine grundlegende Änderung bevor?, HRRS 2006, 344

Krenberger, Das Abwesenheitsverfahren im Bußgeldrecht – Rechtsprechungsübersicht 2010/2011 zu §§ 73, 74 OWiG, zfs 2012, 424

ders., Rechtsprechungsübersicht zu §§ 73, 74 OWiG für das Jahr 2012, zfs 2013, 364

Lampe, Unzulässigkeit einer "Rügeverkümmerung", NStZ 2006, 366

s. auch die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1053, bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1289, und bei → Revision, Verfahrensrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 2307.

 

Rdn 1184

1. Das Gesetz sieht für die Verfahrensrüge strenge Formvorschriften vor, die in der Praxis – ebenso wie bei der Revision – oft zum Scheitern der Rechtsbeschwerde führen (vgl. auch Gribbohm NStZ 1983, 97; Gieg DAR 2012, 624; Gieg/Olbermann DAR 2009, 617). Mit der Verfahrensrüge werden Rechtsfehler gerügt, die den Verfahrensablauf und seine Gestaltung betreffen (vgl. Burhoff ZAP F. 21, S. 263 ff.; vgl. zusammenfassend auch Gieg/Olbermann, a.a.O.; Junker/Veh VRR 2006, 9 ff. und 50 ff.). Für die Abgrenzung des Verfahrensrechts vom sachlichen Recht ist nicht entscheidend, ob die verletzte Vorschrift in der StPO oder in einem anderen Gesetz zu finden ist, sondern ob sie den Weg bestimmt, auf dem der Richter zur Urteilsfindung berufen und gelangt ist (Meyer-Goßner/Schmitt, § 337 Rn 8; LR/Franke, § 337 Rn 66; vgl. auch BGHSt 19, 273, 275 und 25, 100).

 

Rdn 1185

Hinsichtlich des Gegenstands der Verfahrensrüge wird verwiesen auf die Ausführungen zur → Revision, Verfahrensrüge, Allgemeines, Teil A Rdn 2307, die im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend gelten.

 

Rdn 1186

2.a) Über den gem. § 79 Abs. 3 S 1 OWiG entsprechend anwendbaren § 344 Abs. 2 S. 2 hat der Beschwerdeführer bei der Erhebung einer Verfahrensrüge die den Mangel begründenden Tatsachen so genau und vollständig anzugeben, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Rechtsbeschwerdeschrift – also ohne Rückgriff auf die Akten – das Vorliegen des Verfahrensfehlers nachvollziehen kann (st. Rspr. – teilweise zur Revision – der Obergerichte, vgl. nur BGHSt 3, 213; NStZ 1994, 47; 1996, 145; StV 1998, 360, 361; BayObLG NStZ 1998, 363; NStZ-RR 1996, 245; KG VRS 73, 469; OLG Düsseldorf VRS 89, 136; 85, 321; 78, 140; OLG Hamm DAR 1999, 276; OLG Karlsruhe VRS 90, 438; 81, 43; OLG Köln VRS 87, 207; vgl. auch Burhoff, HV, Rn 2334 m.w.N.). Erfüllen die tatsächlichen Grundlagen einer Verfahrensrüge die Formerfordernisse des § 344 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1, ist es unschädlich, wenn die Rechtsbeschwerde dem Wortlaut nach nur die Verletzung materiellen Rechts rügt und keinen Hinweis auf die verletzte Verfahrensnorm enthält (KG, Beschl. v. 13.10.2011 – 3 Ws (B) 356/11). Entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Rüge, sondern allein ihre tatsächliche rechtliche Bedeutung, die dem Sinn und Zweck des Rügevorbringens zu entnehmen ist (vgl. zur Revision BGH, Urt. v. 21.11.2006 – 1 StR 392/06 m.w.N.).

 

Rdn 1187

b) Es ergeben sich bei den allgemeinen Begründungsanforderungen der Verfahrensrüge keine Unterschiede zwischen der Rechtsbeschwerde und der Revision. Deshalb wird insoweit auf die Ausführungen zur → Revision, Verfa...

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