Anstelle der in Großbritannien lange rechtlich nicht möglichen und wenig praktizierten Verschmelzungen lässt das britische Konzernsteuerrecht unter bestimmten Voraussetzungen, anders als beispielsweise die deutschen Regelungen zur Organschaft, die Übertragung von Anlagevermögen zwischen rechtlich selbstständigen Konzerngesellschaften zu steuerlichen Buchwerten zu. Auch Anteilstausch-Gestaltungen sind in vielen Fällen steuerneutral möglich und daher in der Praxis oft anzutreffen.

Werden derartige Transaktionen "unterhalb" einer deutschen Muttergesellschaft in Großbritannien vollzogen, so muss der deutsche Gesellschafter angesichts der fehlenden Besteuerung in Großbritannien – oder zumindest einer unter 25 % liegenden tatsächlichen Besteuerung mit britischer Körperschaftsteuer – zur Vermeidung der die Abschirmwirkung der britischen Kapitalgesellschaft durchbrechenden Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG grundsätzlich belegen können, dass der britische "Asset Deal" oder der Anteilstausch in den Aktivitätskatalog des § 8 Abs. 1 AStG fällt. Dies hängt nach derzeitiger Rechtslage – auf Ebene der das Betriebsvermögen ("Assets") übertragenden bzw. abgebenden Gesellschaft – regelmäßig u. a. davon ab, inwiefern ein nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelter Gewinn auf Wirtschaftsgüter entfällt, die ihrerseits zur Erzielung "aktiver" Einkünfte verwendet werden. An diesem Grundsatz sollte sich prinzipiell auch durch die künftigen Änderungen bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) durch das ATAD-Umsetzungsgesetz (ATAD-UmsG) vom 25.06.2021 (BGBl I 2021, 2035) nichts ändern. Allerdings ist auf einige Änderungen im Rahmen des Aktivitätskatalogs für laufende Einkünfte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1–7 AStG bislang geltender Fassung) hinzuweisen, sodass mittelbare Auswirkungen auch auf die hier angesprochenen Übertragungsvorgänge denkbar sind.

Daneben sind die Änderungen mit Blick auf die Aktivität von "Dividenden" (insb. offene und verdeckte Gewinnausschüttungen) in § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG n. F. (nach ATADUmsG) bzw. § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG n. F. (Umwandlungen) zu beachten, die bei künftigen Buchwertübertragungen von Einzelwirtschaftsgütern innerhalb einer britischen Gruppe auch die Frage nach der Aktivität oder Passivität von Dividenden oder der Übertragung von Wirtschaftsgütern aufwerfen können.

Solange britische Tochter- oder Enkelgesellschaften deutscher Muttergesellschaften ihren statutarischen Sitz oder ihre tatsächliche Geschäftsleitung in der EU oder im EWR haben, können sie stattdessen gem. § 8 Abs. 2 AStG auch den Nachweis führen, dass die britische Tochtergesellschaft, die in Großbritannien entweder gar nicht oder niedrig besteuerte passive Veräußerungsgewinne erzielt, insoweit einer "tatsächlichen" – bzw. künftig einer "wesentlichen" – wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem (EU-/EWR-)Staat nachgeht. Die weitere Voraussetzung des zwischenstaatlichen Informationsaustausches aufgrund einer der EU-Amtshilferichtlinie zumindest vergleichbaren zwei- oder mehrseitigen Vereinbarung sollte über die "große" Auskunftsklausel nach Art. 27 des DBA-UK im Verhältnis zum VK auch nach dem Brexit gewährleistet sein. Allerdings fehlt es künftig in diesen Fällen an der ersten gesetzlichen Voraussetzung des Sitzes oder der Geschäftsleitung in einem EU- oder EWR-Staat.

§ 8 Abs. 2 AStG in der bisher geltenden Fassung wurde in das AStG eingeführt, um die EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit und die EU-rechtlich gebotene Gewährung der Möglichkeit des Steuerpflichtigen, nachzuweisen, dass eine konkrete Gestaltung keine künstliche Gestaltung zur Erzielung von Steuervorteilen ist (sog. Motivtest), in nationales Recht umzusetzen ("Cadbury-Schweppes"-Urteil vom 12.09.2006 – C-196/04, ABl. EU 2006, C 281, 5). Da die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV nur innerhalb des Gebietes der EU-Mitgliedstaaten (und analog nach Art. 31 EWR-Abkommen – EWRA – für den EWR) gewährleistet ist, scheidet diese "Entlastungsmöglichkeit" nach dem Gesetzeswortlaut für britische Tochtergesellschaften grundsätzlich aus, wenn diese nach dem Brexit bzw. nach Ablauf des Übergangszeitraums im VK (und nicht in einem EU-/EWR-Staat) steuerlich ansässig sind.

Inzwischen hat der EuGH allerdings in der Rechtssache "X-GmbH" (EuGH vom 26.02.2019, C-135/17, DStR 2019, 489) für einen Fall, der sog. Kapitalanlageeinkünfte gem. § 7 Abs. 6a AStG betraf, entschieden, dass dem Steuerpflichtigen auch in einem Drittstaatensachverhalt ein Entlastungsnachweis zustehen muss, sofern die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV nicht unter die sog. Stand-Still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 Satz 1 AEUV fällt, nach der Beschränkungen von Mitgliedstaaten, die schon zur Zeit des Inkrafttretens des Vertrags von Maastricht bzw. am 31.12.1993 wirksam waren, Bestandsschutz genießen.

Zu dieser Frage hat der BFH im Anschlussverfahren des EuGH-Beschlusses entschieden, dass die Stand-Still-Klausel nicht greife, weil die 2001 verabschiedeten Regelungen des StSenkG eine w...

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