Kapitalgesellschaften aus EU- und EWR-Mitgliedstaaten können auf Grundlage der europäischen Verschmelzungsrichtlinie (RL 2005/56/EG, zwischenzeitlich ersetzt durch die Gesellschaftsrichtlinie (RL (EU) 2017/1132) und der nationalen Umsetzungsgesetze grenzüberschreitend verschmolzen werden. In Deutschland erfolgte die Umsetzung mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes durch Einführung der §§ 122a ff. im Umwandlungsgesetz (UmwG), in England durch die sog. Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007 (CCBMR). Bis zum Ablauf des in dem Austrittsabkommen aus dem Jahr 2019 vereinbarten Übergangszeitraums (31.12.2020) konnten britische Kapitalgesellschaften auf Basis dieser Regelungen auf deutsche Gesellschaften verschmolzen werden und umgekehrt.

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem 4. UmwÄndG mit Wirkung zum 01.01.2019 sogar die Möglichkeit eröffnet, dass aufnehmende Rechtsträger einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach Deutschland hinein auch Personenhandelsgesellschaften, d. h. OHGs und KGs, sein dürfen, allerdings beschränkt auf solche Gesellschaften, die i. d. R. nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen (§ 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Davor standen grenzüberschreitende Verschmelzungen nur Kapitalgesellschaften offen (BeckOGK/Klett, UmwG, § 122b Rn. 18).

Im VK war die grenzüberschreitende Verschmelzung ein sehr formelles Verfahren. Das lag auch daran, dass das britische Recht isoliert die Verschmelzung nicht kennt und bis heute für rein britische Vorgänge nicht zulässt. Eine britische Limited kann also nicht auf eine andere britische Gesellschaft verschmolzen werden. Für die Umsetzung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung mussten diverse Anträge beim sog. High Court of Justice, Companies Court (High Court) gestellt werden. Vor diesem Gericht besteht Anwaltszwang. Unternehmen müssen sich durch einen bei Gericht zugelassenen Barrister vertreten lassen. Zudem ist ein Solicitor zu beauftragen, der dem Barrister seine Instruktionen gibt. Der High Court prüfte die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und die Einhaltung aller britischen Vorschriften, musste diversen Anträgen stattgeben und erteilte bei Hinausverschmelzungen aus dem VK schließlich auch die Verschmelzungsbescheinigung bzw. legte bei Hineinverschmelzungen ins VK den Tag der Wirksamkeit der Verschmelzung fest. Anders als in Deutschland konnte im VK der Tag der rechtlichen Wirksamkeit einer Verschmelzung vom High Court frei festgelegt werden. Allerdings durfte dieser Tag nicht später als 21 Tage nach der diesbezüglichen Entscheidung des High Court liegen (Art. 16 Abs. 2 der CCBMR).

In Deutschland sind für die grenzüberschreitenden Verschmelzungen, wie bei innerdeutschen Verschmelzungen auch, die bei den Amtsgerichten geführten Handelsregister zuständig. Eine Vorkontrolle findet durch den Notar statt, weil der Verschmelzungsplan und der deutsche Verschmelzungsbeschluss notariell beurkundet werden müssen (§§ 122c Abs. 4, 13 Abs. 3 UmwG) und nur der Notar die, i. d. R. von ihm vorher geprüften, Unterlagen beim Handelsregister einreichen kann. In Deutschland wird die Verschmelzung mit Eintragung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers wirksam (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Dies gilt auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen hinein nach Deutschland.

Die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung wurde von zahlreichen britischen Gesellschaften genutzt, insbesondere auch von solchen, die noch vor dem Brexit komplett vom VK aufs europäische Festland, auch nach Deutschland, "umziehen" wollten.

 
Hinweis

Praxishinweis

Der im Austrittsabkommen aus dem Jahr 2019 vereinbarte Übergangszeitraum hatte ein neues Zeitfenster für die Umsetzung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen mit Gesellschaften aus dem VK geschaffen, welches aber seit dem 01.01.2021 endgültig geschlossen ist.

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