Die Nachfolge von Theresa May trat nach parteiinterner Abstimmung im Juli 2019 Boris Johnson an, seit 2016 einer der stärksten Befürworter des Brexits innerhalb der Konservativen Partei. Unter dem Eindruck der erneut auslaufenden Austrittsfrist gelang es Johnson – durchaus nicht von allen Beobachtern erwartet – noch im Oktober 2019 ein modifiziertes Austrittsabkommen mit der EU-Seite auszuhandeln.

Dieses Abkommen enthält keinen "Backstop" für das VK insgesamt mehr. Stattdessen sollen möglichst Unterschiede zwischen Irland (EU-Mitgliedstaat) und Nordirland (Teil des künftig außerhalb der EU stehenden VK) in den Bereichen Zölle, Waren-Normen und Mehrwertsteuer minimiert werden. Bei der Wareneinfuhr soll – vereinfacht – danach differenziert werden, ob die Waren in Nordirland oder im restlichen VK verbleiben (dann britische Einfuhr-Regelungen), oder ob sie nach Irland oder in die EU gehen (dann EU-Regeln und -Einfuhrzölle). Details dazu sollen von einer gemeinsamen Kommission erarbeitet werden. Vor allem soll das Parlament in Nordirland nach vier Jahren nach Ablauf der zwischen dem VK und der EU ausgehandelten Übergangsfrist am 31.12.2020 darüber entscheiden können, ob die Regelung fortgeführt oder beendet werden soll. Bei einer Beendigung drohen nach einer weiteren zweijährigen "Abkühlungsphase" wieder "harte" Außengrenzen.

Nachdem Boris Johnson ohne eigene parlamentarische Mehrheit – nach Ausschluss von EU-freundlicheren Ministern und Abgeordneten aus der Konservativen Partei – keine parlamentarische Zustimmung für sein Austrittsabkommen erhielt, schien er nach eigenen Angaben zunächst bereit, den Austritt auch ohne Abkommen mit Ablauf der zum 31.10.2019 verlängerten Austrittsfrist zu riskieren ("Do or die"-Ansatz). Schließlich wurde er durch Parlamentsbeschluss gegen seinen Willen gezwungen, eine weitere Fristverlängerung zu beantragen. Diese wurde ihm von der EU dann auch bis zum 31.01.2020 gewährt.

Mit dem Ausgang der sofort danach von Boris Johnson einberufenen Parlamentsneuwahlen am 12.12.2019 konnte er seiner Partei eine klare absolute Mehrheit der Unterhaussitze sichern, die ihm anschließend eine rasche Zustimmung für "seinen" Austrittsvertrag vom Oktober 2019 ermöglichte.

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