Leitsatz

Grundsätzlich möglicher Tausch einzelner Räume des Sondereigentums (hier: Tauschvertrag über Kellerräume) in notarieller Übertragungsform mit Rechtsnachfolgebindungswirkung (rechtsmissbräuchliches Herausgabeverlangen)

 

Normenkette

§ 4 WEG

 

Kommentar

  1. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass Wohnungseigentümer einzelne Räume ihres Sondereigentums wechselseitig übertragen. Dazu bedarf es weder einer gleichzeitigen Änderung der jeweiligen Miteigentumsanteile noch einer Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer. Eine formgültige Übertragung bedarf jedoch der Form des § 4 WEG i. V. m. §§ 873, 925 und 311b BGB.
  2. Die Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs eines Sonderrechtsnachfolgers unter Berufung auf die Formunwirksamkeit der Übertragung kann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich Wohnungseigentümer vorher in einem Tauschvertrag geeinigt haben und die eine Seite bereits im Einverständnis der Gegenseite bauliche Maßnahmen an dem getauschten Raum (dem Kellerraum) vorgenommen hat. Ein Rechtsnachfolger hat mit dem Erwerb des Wohnungseigentums vom Voreigentümer mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen keine weitergehenden Rechte erhalten können, als dem Voreigentümer zuletzt zustanden. Ein Sonderrechtsnachfolger ist an die ebenso förmlich mögliche Zustimmung auch zu den bereits vorgenommenen baulichen Veränderungen gebunden (analog § 10 Abs. 3 WEG). Die Fortdauer der Rechtmäßigkeit der baulichen Veränderung kann nicht von einer zusätzlichen, neuerlichen förmlichen Beschlussfassung abhängig gemacht werden, wenn hier bereits mit erheblichem Kostenaufwand ein neuer baulicher Zustand geschaffen wurde.

    Der Voreigentümer der Antragstellerseite hatte aber nicht nur die baulichen Veränderungen im getauschten Kellerraum zu dulden, sondern war auch daran gehindert, diesen Raum von der Gegenseite nach § 985 BGB herauszuverlangen. Auch wenn der Tauschvertrag formunwirksam war und die Gegenseite aus ihm keinen schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung herleiten konnte, so hätte sich ein Herausgabeverlangen als rechtsmissbräuchlich erwiesen. Dem Eigentümer kann auch ein schutzwürdiges Interesse daran fehlen, den Besitzer in Anspruch zu nehmen, wenn er selbst zur Vindikationslage durch vertrauensbegründendes Verhalten beigetragen und hierdurch bestimmte Dispositionen des Besitzers veranlasst hat. Durch den Abschluss des Tauschvertrags sowie die Zustimmung zur Umgestaltung des Kellerraums (hier zu Wohnzwecken) wurde ein Vertrauenstatbestand geschaffen. Die im Hinblick hierauf getroffenen erheblichen Vermögensdispositionen würden hinfällig werden, wenn die Gegenseite zur Herausgabe des Kellerraums zu verpflichten wäre.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 31.07.2006, 16 Wx 98/06OLG Köln v. 31.7.2006, 16 Wx 98/06

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