Beschlussgegenstand sind seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 nicht mehr der Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung als Rechenwerke, sondern nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG nur noch das Ergebnis des Wirtschaftsplans, nämlich die Hausgeldvorschüsse, und nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG die sich aus der Jahresabrechnung ergebenden Abrechnungsspitzen als sog. Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge gegenüber dem Wirtschaftsplan-Soll. Da letztlich nur noch die Ergebnisse der Abrechnungswerke den Beschlussgegenstand darstellen, die je Wohnungseigentümer lediglich in einer Summe bzw. einem Betrag festgesetzt werden, ist umstritten, ob weiterhin eine Teilanfechtung begrenzt auf einzelne fehlerhafte Kostenpositionen möglich ist oder aber die Beschlüsse jeweils uneingeschränkt anzufechten sind, auch wenn nur einzelne Positionen fehlerhaft sind.

 
Praxis-Tipp

Hilfsweise unumschränkte Anfechtung

Zwar gehen Anfechtungskläger im Fall einer lediglich teilweisen Anfechtung der Beschlüsse nach § 28 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 WEG nicht das Risiko einer Unzulässigkeit ihrer Klage ein, da eine in unzulässiger Weise beschränkte Anfechtungsklage im Zweifel grundsätzlich als Anfechtung des ganzen Beschlusses auszulegen ist. Allerdings sollten keine Risiken eingegangen werden und es sollte im Fall einer Teilanfechtung hilfsweise unumschränkte Ungültigerklärung beantragt werden.

Einigkeit herrscht allerdings insoweit, als die Klage nicht lediglich auf das Abrechnungsergebnis bzw. die Abrechnungsspitze des klagenden Wohnungseigentümers beschränkt werden kann. So die Abrechnungsspitze des klagenden Wohnungseigentümers im Ergebnis fehlerhaft ist, hat dies zwangsläufig Auswirkungen auf alle anderen Abrechnungsergebnisse.

Allerdings richtet sich der Streitwert nicht nach der Summe aller Abrechnungsspitzen. Maßgeblich ist nämlich das klägerische Interesse. Dieses bemisst sich auch nicht nach seiner konkreten Abrechnungsspitze, sondern auf die auf seine Sondereigentumseinheit entfallenden Kosten. Die Abrechnungsspitze stellt lediglich das Ergebnis der Saldierung der Soll-Vorschüsse und der tatsächlich angefallenen Kosten dar. Die Summe der auf die Sondereigentumseinheit des Klägers entfallenden Kosten ist dann nach § 49 Satz 2 WEG auf ihren 7,5-fachen Wert festzusetzen. Freilich ist der sich ergebende Wert begrenzt auf das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer. Er darf des Weiteren den Verkehrswert des Sondereigentums des anfechtenden Wohnungseigentümers nicht überschreiten.

 
Praxis-Beispiel

Streitwert bei unumschränkter Anfechtung

Die Wohnanlage besteht aus 75 Studentenappartements. Nach Saldierung der Einnahmen und Ausgaben ergibt sich ein Nennbetrag der Jahresabrechnung in Höhe von 90.000 EUR. Der klagende Eigentümer ist Eigentümer von 7 Appartements. Auf diese entfallen anteilig insgesamt 8.400 EUR.

Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung ist zunächst das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer. Dieses beläuft sich auf 90.000 EUR. Auf den klagenden Wohnungseigentümer entfallen anteilige Kosten in Höhe von 8.400 EUR. Das 7,5-fache dieses Betrags beläuft sich auf 63.000 EUR. Der Streitwert ist also auf 63.000 EUR festzusetzen, da er das Gesamtinteresse nicht überschreitet. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Verkehrswert der Appartements lediglich jeweils 8.000 EUR betragen würde und sich somit ein Gesamtverkehrswert von 56.000 EUR errechnen würde, wäre letztgenannter Betrag als Streitwert festzusetzen.

Geht man weiterhin von der Möglichkeit einer Teilanfechtung aus und beschränkt der klagende Wohnungseigentümer daher seine Klage auf einzelne Abrechnungspositionen, bemisst sich der Streitwert nach dem Nennwert, mit dem die angegriffene Position in der Jahresabrechnung oder dem Wirtschaftsplan angesetzt ist.[1]

 
Praxis-Beispiel

Streitwert bei beschränkter Anfechtung

Der Wohnungseigentümer erhebt Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung hinsichtlich der ihm dort auferlegten anteiligen Heizkosten in Höhe von 1.400 EUR. Er ist der Auffassung, er müsse gar nichts zahlen, weil seine Wohnung ganzjährig leer gestanden habe. Der Streitwert beträgt hier 1.400 EUR.

[1] BGH, Beschluss v. 9.2.2017, V ZB 113/16 für die Jahresabrechnung; für den Wirtschaftsplan gilt nichts anderes, vgl. LG Dortmund, Beschluss v. 2.8.2017, 9 T 104/16.

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