1 Leitsatz

Eine fristlose Kündigung ist auch gegenüber einem psychisch kranken oder schuldunfähigen Mieter möglich, wenn trotz Abmahnung der Hausfrieden systematisch, wiederholt und nachhaltig gestört wird mit der Folge der vorzeitigen Kündigung von anderen Mietern und der Nichtvermietbarkeit angrenzender Wohnungen.

2 Normenkette

GG Art. 3; BGB § 543

3 Das Problem

Der Vermieter ist zur fristlosen Kündigung berechtigt, wenn der Mieter den Hausfrieden so nachhaltig stört, dass dem Vermieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschulden des Mieters und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 569 Abs. 2 BGB) z. B. bei häufig ruhestörendem Lärm zur Nachtzeit.

Bei solchen Störungen kommt es nicht in erster Linie auf das Verschulden des Störers an, sondern allein darauf, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter, auch unter Berücksichtigung der Interessen der Mitmieter im Haus, noch zumutbar ist. Ein Verschulden ist nur insoweit von Relevanz, als die Anforderungen an die Unzumutbarkeit bei nicht schuldhaftem Verhalten des Störers höher sein werden als bei einer schuldhaften Störung des Hausfriedens.

Somit ist das Verschulden des Störers zwar nicht Voraussetzung für die fristlose Kündigung, muss aber bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit in die Abwägung mit einbezogen werden.

4 Die Entscheidung

In dem zu entscheidenden Fall häuften sich Beschwerden der Mitmieter über erhebliche Störungen des Hausfriedens zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten. Abmahnungen der Vermieterin blieben erfolglos; andere Mieter kündigten vorzeitig.

Nach fristloser Kündigung der Vermieterin verurteilte das AG Dresden den Mieter zur Räumung; die Berufung wurde vom LG Dresden zurückgewiesen. Auch die Verfassungsbeschwerde des Mieters wurde verworfen mit der Begründung, das Landgericht habe umfangreiche Ausführungen dazu gemacht, dass die fristlose Kündigung eines schuldlos handelnden Mieters zwar problematisch, aber nicht ausgeschlossen sei. Bei massiven Störungen ist eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.

Unerheblich ist dann der Vortrag des Mieters, ihm sei es wegen seiner Erkrankung unmöglich, Angaben zu seinem Gesundheitszustand zu machen, und es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen.

5 Entscheidung

VerfGH Sachsen, Beschluss v. 30.8.2023, Vf.40-IV-23

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