Leitsatz

  • Stimmrechtsausschlüsse (Ehegattenmiteigentum) und Fragen der Beschlussfähigkeit

    Beschlussfassung über bauliche Veränderung (hier: Solarzellenanbringung); Anfechtungserfolg nur bei Rechtsbeeinträchtigung

 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 25 Abs. 3, 5 WEG

 

Kommentar

1. Sind Ehegatten Miteigentümer eines Wohnungseigentums nach Bruchteilen oder in Gütergemeinschaft und ist einer von ihnen gemäß § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt, so wirkt der Ausschluss auch gegen den anderen Ehegatten. Insoweit schließt sich der Senat hinsichtlich dieser umstrittenen Frage grundsätzlich der Meinung des AG Emmendingen, ZMR 1984, 101f.; Bärmann/Pick § 25 Rn. 29; Deckert, ETW, Gruppe 5, S. 32 d, Müller, Praktische Fragen, Rn. 847) an, da nach § 25 Abs. 2 S. 2 WEG auch ein Stimmrecht von mehreren Berechtigten für alle nur einheitlich ausgeübt werden könne; dies müsse dann auch bei Abstimmungsausschluss eines Berechtigten wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit gegen alle anderen Mitberechtigten wirken (in jedem Fall aber auch gegen den ausgeschlossenen Mitberechtigten, der mindestens einen Hälfteanteil am Wohnungseigentum inne habe oder der Ehegatte des Betroffenen sei, auch im Anschluss an die Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht).

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats darf allerdings der Miteigentumsanteil eines zwar erschienenen, aber gem. § 25 Abs. 5 WEG von der Abstimmung ausgeschlossenen Wohnungseigentümers auch bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit nach § 25 Abs. 3 WEGnicht mitgezählt werden (BayObLG, NJW-RR 1987, 595/596 und WuM 1988, 329; ebenso OLG Frankfurt, OLG Z 1989, 429; OLG Düsseldorf, WE 1992, 81; Bärmann/Pick, WE 6 a. Rn. 35; Weitnauer, WEG 7. Aufl., Rn. 2, Palandt/Bassenge, 51. Aufl., Rn. 6, jeweils zu § 25 WEG).

Der entgegengesetzen Ansicht des Kammergerichts Berlin (OLGZ 1989, 38ff.; Augustin, WEG, Rn. 3; Henkes/Niedenführ/Schulze, WEG, Rn. 3; Ermann/Ganten, 8. Aufl., Rn. 5, jeweils zu § 25 WEG; Röll, Handbuch für Wohnungseigentümer und Verwalter, 5. Aufl., S. 110) vermag sich der Senat nach wie vor nicht anzuschließen, da diese entgegenstehende Meinung nicht mit dem Wortlaut und dem System des Gesetzes vereinbar sei. § 25 Abs. 3 WEG verlangt für die Beschlussfähigkeit mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile der stimmberechtigten Wohnungseigentümer, während in § 25 Abs. 5 WEG Eigentümer als "nicht-stimmberechtigt" bezeichnet sind. Es sei deshalb nicht zu begründen, warum der Begriff der Stimmberechtigung in Abs. 3 anders zu verstehen sein sollte als in Abs. 5 des § 25 WEG.

Mangels Entscheidungskausalität hinsichtlich der entgegenstehenden Meinung des KG Berlin sei diese Streitfrage allerdings nicht dem BGH vorzulegen.

Sind jedoch wegen § 25 Abs. 5 WEGmehr als die Hälfte der Wohnungseigentümer (nach Miteigentumsanteilen gerechnet) vom Stimmrecht ausgeschlossen, ist § 25 Abs. 3 WEG nicht anwendbar: Die Versammlung ist dann auch beschlussfähig, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind (so schon BayObLG, ZMR 1988, 148/149 und ebenso BayObLG, Beschluss vom 15. 3. 1982, 2 Z 2/81).

Im vorliegenden Fall seien jedoch beide Antragsgegner nicht stimmberechtigt gewesen, sodass für diesen Beschlussgegenstand überhaupt keine gültige Stimme abgegeben worden sei (keine Annahme des Beschlussantrages); der in der Versammlungsniederschrift festgestellte Eigentümerbeschluss sei deshalb für ungültig zu erklären gewesen.

3. Haben Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit eine bauliche Veränderung beschlossen oder genehmigt (hier: Anbringung von 2 Solarzellen von etwa je ½ qm Größe mit Befestigung am Antennenmast), die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, so ist der Beschluss nicht für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass keiner der Wohnungseigentümer, die den Eigentümerbeschluss fristgerecht angefochten haben, durch diese bauliche Veränderung über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus in seinen Rechten beeinträchtigt wird (Abweichung von BayObLG, Entscheidung vom 18. 7. 1991, Az.: BReg 2 Z 64/91= NJW-RR 1991, 1362 = WE 1992, 177 = WuM 1992, 448). Mit der Inanspruchnahme der Dachfläche durch die Antragsgegner ohne Eingriff in die Bausubstanz und mit dem Grundsatz "wehret den Anfängen" allein kann eine Beeinträchtigung nicht begründet werden (vgl. BGH, NJW 1992, 978/979; BayObLG WE 1992, 84/85).

Um den Anschluss der Solarzellen an die Räume der Antragsgegner ging es laut Gegenstand der Beschlussfassung nicht. Als Nachteil im Sinne der §§ 22 Abs. 1 S. 2, 14 Nr. 1 WEG kann auch eine nicht ganz unerhebliche nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindruckes der Wohnanlage angesehen werden (BGH Z 83, 196, 202; BGH, NJW 1992, 978/979; BayObLG WuM 1992, 88). Dies ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Der weitergehenden Rechtsansicht, dass jede Änderung des architektonischen Erscheinungsbildes eine über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehende Beeinträchtigung sei (so OLG Zweibrücken, NJW-RR 1987, 1358...

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