1. Vorbemerkung

 

Rz. 25

Die Eigenart Spaniens als interlokal gespaltener Mehrrechtsstaat kommt gerade auf dem Gebiet des Ehegüterrechts zum Tragen (vgl. Rdn 8-10). Der gewohnten Sichtweise des deutschen Rechtsanwenders folgend wird hier gleichwohl zunächst die Rechtslage nach dem gemeinspanischen Código Civil dargestellt und erst dann werden die im konkreten Fall ggf. vorrangig zur Anwendung kommenden besonderen Regelungen der verschiedenen Foralrechte aufgezeigt. Zur nicht nur unerheblichen Bedeutung des ehelichen Güterrechts für das Ehegattenerbrecht sei hier nur auf die diesbezügliche Darstellung von Steinmetz/Huzel/García Alcázar im Länderbericht Spanien: Gemeinspanisches Recht in dem Werk "Süß, Erbrecht in Europa", 4. Aufl. 2020, verwiesen.[39]

[39] Steinmetz/Huzel/García Alcázar, in: Süß, Erbrecht in Europa, 4. Aufl. 2020, Länderbericht Spanien: Gemeinspanisches Recht, S. 1389 f. Rn 55 ff.

2. Allgemeinspanisches Recht

a) Gemeinsame Regeln für alle Güterstände

 

Rz. 26

Das spanische Recht des Código Civil geht von der Vertragsfreiheit im Ehegüterrecht aus. Systematisch ist es i.Ü. als Teil des Buches 4 über Obligationen und Verträge behandelt, hier als Erster der im Einzelnen behandelten Verträge. Dem Grundsatz der Privatautonomie auch im Ehegüterrecht folgend, können die Ehegatten ehevertraglich einen bestimmten Güterstand vereinbaren (Art. 1315 CC) und untereinander alle Arten von Verträgen schließen (Art. 1323 CC). Mangels wirksamer vertraglicher Güterstandsvereinbarung gilt das System der "Sociedad de Gananciales" – die Errungenschaftsgemeinschaft – als gesetzlicher Güterstand (Art. 1316 CC). Vertragliche Güterstände sind der Güterstand der Teilhabe (Régimen de Participaçión– Art. 1411–1434 CC[40]) und die Gütertrennung (Art. 1435–1444 CC).

 

Rz. 27

Änderungen des Güterstands während bestehender Ehe sind möglich, doch beeinträchtigen sie die von Dritten bereits erworbenen Rechte nicht (Art. 1317 CC). Ehegatten, die sich vertraglich für einen Wahlgüterstand entschieden haben, können also auch während der Ehe durch Ehevertrag ihren Güterstand abändern und die Errungenschaftsgemeinschaft oder einen anderen Güterstand vereinbaren (Art. 1435 Nr. 3 CC).

 

Rz. 28

Unabhängig vom Güterstand haben beide Ehegatten die Pflicht, mit ihrem jeweiligen Vermögen für Verbindlichkeiten aus der Ehe einzustehen (Art. 1318 Abs. 1 CC). Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht sind auf Antrag des anderen Ehegatten gerichtliche Vorsorgemaßnahmen und Anordnungen möglich (Art. 1318 Abs. 2 CC).

 

Rz. 29

Auch das spanische Recht sieht in Art. 1319 Abs. 1 CC das Recht eines jeden Ehegatten vor, die zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs erforderlichen Geschäfte vorzunehmen. Für die Begleichung der daraus begründeten Verbindlichkeiten ist vorrangig das gemeinschaftliche Vermögen oder das eigene Vermögen des handelnden Ehegatten, nur hilfsweise das des anderen Ehegatten einzusetzen (Art. 1319 Abs. 2 und 3 CC). Über die Familienwohnung und über das von der Familie benutzte Mobiliar kann – selbst wenn die Wohnung einem der Ehegatten allein gehört – grundsätzlich nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verfügt werden oder ggf. mit richterlicher Ermächtigung (Art. 1320 CC).

[40] Daum, Länderbericht Spanien, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, S. 85 f. spricht bei "regimen de participaçión" durchweg von "Zugewinngemeinschaft" – hier und nachfolgend wird indes, um diesen Wahlgüterstand spanischen Rechts von dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts abzugrenzen, vom (spanischen) Güterstand der Teilhabe gesprochen.

b) Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlicher Güterstand

aa) Grundlagen – Rechtscharakter

 

Rz. 30

Die Sociedad de Gananciales als gesetzlicher Güterstand stellt ursprüngliches Recht des Código Civil dar und geht auf mittelalterliche Vorbilder zurück, basiert also nicht auf der Vorstellung von Gleichberechtigung von Mann und Frau und einer entsprechenden (jüngeren) Familienrechtsreform. Die Errungenschaftsgemeinschaft spanischen Rechts wird häufig mit der deutschen Zugewinngemeinschaft verglichen, doch handelt es sich hier um eine echte Gemeinschaft zur gesamten Hand (comunidad en mano común oder mancomunidad), um echtes Gesamthandseigentum im Sinne von gesamthänderischem Eigentum[41] der Ehegatten (Art. 1344 CC).

[41] Vgl. etwa Martín-Casals, Grundzüge der vermögensrechtlichen Situation von Ehegatten und nichtehelichen Lebensgemeinschaften im spanischen und katalanischen Recht, in: Henrich/Schwab (Hrsg.), Eheliche Gemeinschaft, Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich, S. 285.

bb) Vermögensmassen

 

Rz. 31

In der Errungenschaftsgemeinschaft wird zwischen drei Vermögensmassen unterschieden: das Gesamtgut, das beiden Ehegatten zur gesamten Hand zusteht (d.h. das gemeinsame Vermögen oder Errungenschaftsgut), sowie das Sondergut des einen und das des anderen Ehegatten.

 

Rz. 32

Gemeinsames Vermögen der Ehegatten ist nach dem Grundsatz in Art. 1344 CC dasjenige, das jeder von ihnen während der Dauer der Ehe als Gewinn oder Ertrag erhält. Nach Auflösung der Gemeinschaft wird ihm davon die Hälfte zugewiesen. Grundsätzlich wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass das ...

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