Leitsatz

Eine Sonderumlage darf nur dann beschlossen werden, wenn sich ein außerordentlicher Liquiditätsbedarf ergibt, der aus den dem Verwalter zur Verfügung stehenden Mitteln anders nicht gedeckt werden kann, z.B. wenn Hausgeldrückstände aus früheren Abrechnungen vorübergehend oder dauernd uneinbringlich sind und dadurch Einnahmeausfälle entstehen, die zur Deckung beschlossener Ausgaben oder zur Tilgung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten ausgeglichen werden müssen.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 3

 

Das Problem

Wohnungseigentümer K greift den Beschluss an, mit dem der Verwalter zur Deckung der Liquidität kurzfristig auf die Instandhaltungsrückstellung zurückgreifen darf, sowie den Beschluss über eine Liquiditätssonderumlage zum Ausgleich von offenen Forderungen gegen ehemalige Wohnungseigentümer an (dem Verwalter soll die Möglichkeit geschaffen werden, diese offenen und teils mehrere Jahre alten Forderungen "auszubuchen").

 

Die Entscheidung

Die Klage hat Erfolg, soweit sich K gegen die Liquiditätssonderumlage wendet; im Übrigen nicht.

Zugriff auf die Instandhaltungsrückstellung zur Liquiditätssicherung

Soweit sich K gegen den Beschluss wende, der dem Verwalter einen kurzfristigen Zugriff auf die Instandhaltungsrückstellung zur Liquiditätssicherung erlaube, sei der Beschluss nicht zu beanstanden.

  1. Der Beschluss sei inhaltlich hinreichend bestimmt. So ergebe sich anhand des jeweiligen Wirtschaftsplans und der im Beschluss genannten Voraussetzungen klar und eindeutig, welche Beträge für welche offenen und fälligen Kosten verwandt werden können. Hintergrund der Regelung sei die Vermeidung von Sonderumlagen oder Kreditaufnahmen.
  2. Der Beschluss sei auch unter Berücksichtigung, dass es zu einer Aushöhlung der Instandhaltungsrückstellung nicht kommen dürfe, hinreichend eng gefasst. Er enthalte sowohl die Pflicht zur kurzfristigen Wiederauffüllung der Instandhaltungsrückstellung als auch die Pflicht zur Erhebung einer Sonderumlage für klar definierte Fälle.
  3. Weiter entspreche der Beschluss auch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Ziel der Beschlussfassung sei die Errichtung einer "Reserve" zur Vermeidung von möglicherweise regelmäßig zu beschließenden Sonderumlagen oder kostspieligen Kreditaufnahmen zur Begleichung offener und fälliger Rechnungen/Forderungen gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Wohnungseigentümer hätten zur Fassung eines solchen Beschlusses eine Beschlusskompetenz. So könnten Wohnungseigentümer mit Mehrheit über kurzfristige Entnahmen aus der Instandhaltungsrückstellung zur kurzfristigen Deckung sonstiger Kosten wirksam durch Beschluss entscheiden. Eine Ausnahme dieser Möglichkeit sei im Fall nicht gegeben. Überdies sei die Höhe der "Reserve" klar definiert und auf 10 % der Gesamtsumme des Wirtschaftsplans eng begrenzt. Voraussetzung einer wirksamen Beschlussfassung sei zusätzlich jedoch, dass die Instandhaltungsrückstellung nicht ausgehöhlt werden dürfe. Aufgrund der Begrenzung im Beschluss sei aber auch diesem Umstand hinreichend Rechnung getragen. So überschreite eine Begrenzung auf maximal 10 % der Gesamtsumme des Wirtschaftsplans nicht die in § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG mindestens einzuhaltende angemessene Höhe der Instandhaltungsrückstellung. Weiter sei die Ermächtigung des Verwalters im Beschluss klar geregelt und begrenzt.

Liquiditätssonderumlage

Der Beschluss zur Liquiditätssonderumlage entspreche keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Sonderumlage zur Deckung von Außenständen überhaupt beschlossen werden könne, müsse dabei nicht entschieden werden, da der Beschluss bereits aus anderen Gründen für ungültig zu erklären sei.

  1. So fehle es – sowohl bei der Einladung zur Versammlung als auch im Beschluss selbst – an der Darlegung eines für eine Sonderumlage notwendigen, konkreten Liquiditätsengpasses. Der Beschluss regele selbst lediglich die Erhebung einer Liquiditätssonderumlage – ohne Gründe für diese zu nennen. Zwar heiße es in der Einladung zur Versammlung, die Liquiditätssonderumlage solle wegen offener Forderungen gegen ehemalige Wohnungseigentümer beschlossen werden. An der Darlegung eines tatsächlichen Finanzengpasses, in dem Sinne, dass aufgrund offener Forderungen gegen ehemalige Wohnungseigentümer aktuelle Forderungen nicht beglichen werden könnten, fehle es aber nicht nur. Zwischen den Parteien sei sogar unstreitig, dass gar kein Liquiditätsengpass besteht.
  2. Eine Sonderumlage dürfe jedenfalls nur dann beschlossen werden, wenn sich ein außerordentlicher Liquiditätsbedarf ergebe, der aus den dem Verwalter zur Verfügung stehenden Mitteln anders nicht gedeckt werden könne, z.B. wenn Hausgeldrückstände aus früheren Abrechnungen vorübergehend oder dauernd uneinbringlich seien und dadurch Einnahmeausfälle entstünden, die zur Deckung beschlossener Ausgaben oder zur Tilgung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten ausgeglichen werden müssten. Allein das Ziel, Rückstände ehemaliger Wohnungseigentümer "auszubuchen", genüge als Grund zur Erhebung einer...

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