Zusammenfassung

 
Begriff

Die Sonderumlage stellt eine Ergänzung des Wirtschaftsplans dar. Ihrem Wesen nach soll die Sonderumlage daher finanziellen Engpässen der Gemeinschaft im Fall unvorhergesehenen Finanzierungsbedarfs im laufenden Wirtschaftsjahr begegnen. Die Erhebung einer Sonderumlage kommt also immer dann in Betracht, wenn Ausgaben nicht aus den laufenden Hausgeldern finanziert werden können und ein Zugriff auf eine Rücklage oder eine Kreditaufnahme nicht möglich oder erwünscht ist. Sonderumlagen kommt gerade im Bereich der Erhaltung, also der Instandhaltung und Instandsetzung, des Gemeinschaftseigentums große Bedeutung zu, auch wenn eine Erhaltungsrücklage gebildet ist. Auch "Liquiditätsumlagen" im Fall von Hausgeldausfällen einzelner Wohnungseigentümer sind in der Praxis keine Seltenheit. Von Bedeutung sind Sonderumlagen auch zur Finanzierung von Maßnahmen der baulichen Veränderung, die mit einer Kostenbelastung aller Wohnungseigentümer verbunden sind, erst recht aber dann, wenn gerade nicht alle kostentragungsverpflichtet sind.

1 Grundsätze

1.1 Keine Sonderumlage ohne vorherige Beschlussfassung

Da die Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans darstellt, entsteht eine Beitragspflicht der Wohnungseigentümer nur aufgrund entsprechender Beschlussfassung.[1] Stellen sich die Ansätze aus dem Wirtschaftsplan als zu gering heraus, kann statt der Erhebung einer Sonderumlage auch ein neuer entsprechend modifizierter Wirtschaftsplan beschlossen werden. In aller Regel werden aber bestimmte Anlässe die Erhebung einer Sonderumlage erforderlich machen. Praxisrelevant sind hier insbesondere

  • ungenügende Ansätze im Wirtschaftsplan,
  • größere Erhaltungs-, also Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen,
  • bauliche Veränderungen,
  • Hausgeldausfälle einzelner Wohnungseigentümer,
  • größere Anschaffungen.

Insbesondere bei geplanten größeren, nicht dringenden Erhaltungsmaßnahmen oder solchen der baulichen Veränderung können in Grenzen auch mehrjährige Sonderumlagen in Betracht kommen. Die Höhe der Sonderumlage orientiert sich selbstverständlich am Finanzierungsbedarf, wobei hinsichtlich der entsprechenden Prognose ein großzügiger Beurteilungsspielraum besteht und zu erwartende Beitragsausfälle einzelner Wohnungseigentümer berücksichtigt werden können.[2] Steht hingegen der Finanzierungsbedarf fest, so darf die Höhe der Sonderumlage diesen nicht wesentlich überschreiten.[3]

 

Sonderumlage ist kein Ersatz für Wirtschaftsplan oder Jahresabrechnung

Aufgrund der Unabdingbarkeit der Vorschriften über die Kostenverteilung auf Grundlage von Wirtschaftsplänen, Abrechnungen und Rechnungslegungen durch Beschluss, fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz für eine von Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen unabhängige Kostenverteilung für viele Jahre durch Sonderumlage.[4]

[1] LG Karlsruhe, Beschluss v. 1.6.2022, 11 T 22/22, ZWE 2023, 50; LG Hamburg, Beschluss v. 30.5.2018, 318 S 70/16, ZMR 2018, 793.
[3] LG München I, Urteil v. 24.10.2011, 1 S 24966/10, ZWE 2012, 50.
[4] BGH, Urteil v. 22.7.2011, V ZR 245/09, NJW-RR 2011, 1383.

1.2 Stets Finanzierung regeln

Ein kostenverursachender und somit die Wohnungseigentümer kostenbelastender Beschluss muss stets auch die Art der Finanzierung der zu beschließenden Maßnahme regeln, ansonsten widerspricht er den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Beschlussfassung über die Erhebung einer Sonderumlage erfolgt also im Rahmen der Beschlussfassung der zu finanzierenden Maßnahme.

 

Sanierungsmaßnahme und deren Finanzierung sind gemeinsam zu beschließen

Soll die Finanzierung einer größeren Erhaltungsmaßnahme durch Erhebung einer Sonderumlage erfolgen, ist zusammen mit der Beschlussfassung über die Sanierungsmaßnahme auch die Erhebung einer Sonderumlage zu beschließen.

Änderung beschlossener Finanzierung

Freilich können die Wohnungseigentümer auch nachträglich die ursprünglich beschlossene Art der Finanzierung ändern. Grundsätzlich sind die Wohnungseigentümer nicht gehindert, über einen bereits beschlossenen Beschlussgegenstand nochmals abzustimmen und einen erneuten Beschluss zu fassen.[1] Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass für die Änderung ein sachlicher Grund erforderlich sein muss und keiner der Wohnungseigentümer durch die Änderungsbeschlussfassung unbillig beeinträchtigt wird. Bei abändernder bzw. modifizierender Zweitbeschlussfassung ist nämlich zu beachten, dass der Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses berücksichtigen muss.[2]

 

Zulässiger Umlagebeschluss

Beispiel:

Die Wohnungseigentümer haben eine Rücklagenfinanzierung der anstehenden Treppenhaussanierung beschlossen. Aufgrund akuter, aktuell hervorgetretener Feuchtigkeitsschäden ist eine umfassende Fassadensanierung im Sockelbereich der Wohnanlage erforderlich. Die Wohnungseigentümer beschließen daher hinsichtlich der Finanzierung der Treppenhaussanierung die Erhebung einer entsprechenden Sonderumlage. Die Fassadensanierung soll aus der Rücklage finanziert werden.

Ordnungsmäßige Verwaltung

Ein solcher Beschluss würde ordnungsmäßig...

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