Leitsatz

Ein Sonderumlagenbeschluss stellt einen Nachtrag zum Wirtschaftsplan dar. Er begründet ebenso wie ein Beschluss über einen Wirtschaftsplan eine Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 5

 

Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K geht gegen Wohnungseigentümer B wegen ausstehenden Hausgelds vor. Im Laufe des Berufungsverfahrens zahlt B. Fraglich ist, wer die Kosten nach Erledigung des Rechtsstreits zu tragen hat.

 

Die Entscheidung

Das Landgericht (LG) meint, Wohnungseigentümer B müsse die Kosten tragen.

  1. K sei gemäß § 10 Abs. 6, Abs. 7 WEG für die Geltendmachung von Hausgeldforderungen – auch in Gestalt von Sonderumlagen – aktivlegitimiert und damit prozessführungsbefugt gewesen. Dies sei auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil sich ein Dritter durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss den Anspruch der K gegen B nach Rechtshängigkeit in Höhe von 19.610,70 EUR gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen habe. Denn auch im Fall einer Pfändung und Überweisung nach Rechtshängigkeit gelte gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dass dies auf den Prozess keinen Einfluss habe. Eine Veräußerung oder Abtretung der streitbefangenen Sache oder des geltend gemachten Anspruchs liege bei jeder Rechtsnachfolge eines Dritten vor, gleichgültig ob dies kraft Vertrages, Hoheitsaktes oder Gesetzes erfolgt. Auch die Überweisung einer Forderung im Rahmen der Zwangsvollstreckung werde hiervon erfasst. Die Aktivlegitimation entfalle hierdurch nicht, der Veräußernde bzw. Abtretende werde vielmehr kraft Gesetzes Prozessstandschafter des Rechtsnachfolgers und könne weiterhin alle Prozesshandlungen vornehmen. Im Fall einer Nachfolge auf Klägerseite müsse der Antrag auf Leistung allerdings an den Nachfolger umgestellt werden. Eine entsprechende Umstellung des Klagantrags dahingehend, dass die Leistung an den Pfändungsgläubiger erfolgen soll, sei in diesem Falle geboten. Ihn habe K aber auch gestellt.
  2. K habe gegen B aufgrund eines Sonderumlagenbeschlusses eine fällige Forderung auf Zahlung in Höhe von 19.233,45 EUR zugestanden. Ein Sonderumlagenbeschluss stelle einen Nachtrag zum Wirtschaftsplan dar und begründe ebenso wie ein allgemeiner Beschluss über einen Wirtschaftsplan eine Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer.
  3. Soweit der Beschluss eine Zahlung der Sonderumlage auf ein Konto der Klägervertreter – Rechtsanwälte pp. – vorgesehen habe, führe dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Einwendungen hiergegen hätten im Wege einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden müssen. Ein Nichtigkeitsgrund ergebe sich hieraus jedenfalls nicht, denn die Zahlung auf das Konto der Klägervertreter habe ersichtlich dazu gedient, den Zahlungsweg der zweckgerichtet erhobenen Sonderumlage, die an die Ehefrau des B habe gezahlt werden sollen, abzukürzen.
  4. Der Anspruch sei gemäß § 21 Abs. 7 WEG nach den Bestimmungen des Beschlusses auch fällig.
 

Kommentar

Anmerkung

Der Sonderumlagenbeschluss muss grundsätzlich bestimmen, welche Gesamtsumme aufzubringen und welcher Betrag auf welchen Wohnungseigentümer entfällt. Zur Fälligkeit kann, muss er sich aber nicht äußern. Ist der Sonderumlagenbeschluss wegen eines fehlenden Elements unbestimmt, so ist er nach herrschender Meinung nichtig. Überblick:

  • Der Sonderumlagenbeschluss muss bestimmen, welche Gesamtsumme aufzubringen ist. Bei der Bemessung der Höhe besteht – wie stets – Ermessen. Dieses Ermessen müssen die Wohnungseigentümer an dem Zweck ausrichten, der mit der Sonderumlage verfolgt wird, und an dem dafür bestehenden Kapitalbedarf. Zu erwartende Zahlungsausfälle sind bereits bei der Bemessung zu berücksichtigen.
  • Der Sonderumlagenbeschluss muss grundsätzlich die anteilmäßige Beitragsverpflichtung jedes einzelnen Wohnungseigentümers unter Nennung des Umlageschlüssels enthalten. Die Angabe der anteilmäßigen Beitragsverpflichtung soll allerdings entbehrlich sein, wenn der geschuldete Betrag ohne Weiteres errechenbar ist.

    Checkliste: Errechenbarkeit

    • Errechenbarkeit soll anzunehmen sein, wenn der Sonderumlagenbeschluss den Umlageschlüssel bezeichnet, mit dem die Beiträge errechnet werden, oder wenn der Umlageschlüssel "klar" ist.
    • Errechenbarkeit liegt hingegen nicht vor, wenn im Sonderumlagebeschluss die Kosten nach anteiligen Wohn- und Nutzflächen verteilt sind, die Flächen aber streitig sind.
    • Nicht ausreichend ist es wohl ferner, wenn es heißt, es würden die "geltenden" Umlageschlüssel angewendet werden.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Im Sonderumlagenbeschluss kann nach § 21 Abs. 7 WEG bestimmt werden, wann die nach ihm geschuldeten Zahlungen fällig sind. Hierauf sollte kein Verwalter verzichten. Fehlt es hieran, soll § 28 Abs. 2 WEG entsprechend anwendbar sein.
  2. Aus dem Sonderumlagenbeschluss berechtigt wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Verpflichtet sind nach herrschender Ansicht die jeweiligen Hausgeldschuldner bei Fälligkeit des aus dem Sonderumlagenbeschluss geschuldeten Betrags. Ist ein Sonderumlagenbeschluss noch vor einem Eigentümerwechsel gefasst...

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