Leitsatz

Sondernutzungsberechtigter muss nicht allein die Kosten der Beseitigung eines Baums tragen, der das Gemeinschaftseigentum eines angrenzenden Garagengebäudes durch sein Wurzelwerk beschädigt

 

Normenkette

§ 21 Abs. 3 und Abs. 5 Nr. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Laut Teilungserklärung wurde einem Beteiligten ein Sondernutzungsrecht "an den gesamten, von der Straße her gesehenen hinter dieser Wohnung gelegenen Gartenflächen… gegen Übernahme der Instandhaltungskosten" eingeräumt. Eine große, auf der Sondernutzungsfläche stehende Pappel hatte durch starkes Wurzelwerk bereits zu Schäden am Estrich und Tor eines angrenzenden Garagengebäudes geführt. Die Fällgenehmigung wurde von der Stadt erteilt, und zwar mit Auflage einer Ersatzbepflanzung. Die Gemeinschaft beschloss daraufhin mehrheitlich, dass die Pappel nicht gefällt werde und dass im Falle erzwungener Fällung alle Kosten der betreffende Garten-Sondernutzungsberechtigte zu tragen habe. Seine Beschlussanfechtung hatte in allen 3 Instanzen Erfolg.
  2. Auch wenn der sondernutzungsberechtigte Beteiligte berechtigt ist, auf die gärtnerische Pflege und damit auch die Gestaltung des Gartens Einfluss zu nehmen und somit nicht nur den Baum- und Strauchbestand regelmäßig beschneiden und auslichten, sondern auch einen absterbenden oder einzustürzen drohenden Baum völlig beseitigen lassen dürfte, fällt jedenfalls eine Maßnahme, die nicht der "reinen"Gartenpflege dient, sondern das Erscheinungsbild des Gartens und der Wohnanlage verändert, auch wenn sie zur Vermeidung drohender Schäden an anderen Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums notwendig ist, nicht in den alleinigen Pflichten- und Zuständigkeitsbereich des Sondernutzungsberechtigten. Geht von einem Baum (wie hier der Pappel) eine drohende Gefahr für andere Teile des gemeinschaftlichen Eigentums (der Garagen) aus, so ist in der Beseitigung des Baums, auch wenn er den optischen Gesamteindruck der Wohnanlage maßgeblich mitbestimmte und mitprägte, noch keine bauliche Veränderung zu sehen. Es handelt sich hierbei nur eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung, die aber wegen ihrer Bedeutung für das gemeinschaftliche Eigentum insgesamt nur von den Wohnungseigentümern in Ausübung ihrer gemeinschaftlichen Verwaltung getroffen werden kann. Dies gilt umso mehr, als sowohl die Garagen als auch der hier in Rede stehende Baum schon vor Gründung des Wohnungseigentums errichtet bzw. gepflanzt und beim Erwerb des Wohnungseigentums durch die einzelnen Eigentümer bereits vorhanden waren und nicht etwa auf eine Pflanzung durch den Sondernutzungsberechtigten zurückgingen.
  3. Soweit dem betreffenden Eigentümer das Sondernutzungsrecht an der Gartenfläche laut Teilungserklärung gegen Übernahme der Instandhaltungskosten eingeräumt wurde, bedeutet dies nicht, dass dieser damit auch die in Rede stehenden Kosten und Folgekosten der Baumbeseitigung, der Garagensanierung und der Ersatzbepflanzung tragen müsse. Eine solche Regelung ist auslegungsbedürftig. Enthält die Vereinbarung keine näheren Angaben oder Bestimmungen darüber, was unter "Kosten der Instandhaltung" fallen soll, ist es nächstliegend, dass hier nur übliche Maßnahmen gemeint sind, wie etwa Baumschnitt, Rasenmähen und Ersetzen kranker Pflanzen oder Sträucher durch neue. Geht es wie hier um die notwendige Beseitigung eines Baums und eine erforderliche Neuanpflanzung, fallen die Kosten nicht unter die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten, die hier nach Vereinbarung der Sondernutzungsberechtigte allein zu tragen hätte.
 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2003, I-3 Wx 227/03 = ZMR 8/2004, 608

Anmerkung

Im Ergebnis ist diese Entscheidung ohne Frage korrekt. Allerdings werden die beiden Begriffe "Instandhaltung" und "Instandsetzung" inhaltlich nicht näher voneinander abgegrenzt, sondern vermengt, wie dies bereits der amtliche Leitsatz erkennen lässt. Gerade bei eingeräumten Sondernutzungsrechten erscheint es sehr bedeutsam, zwischen Instandhaltung und Instandsetzung zu unterscheiden, zumal dann, wenn hier eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. Vorliegend besaß der gartensondernutzungsberechtigte Eigentümer offensichtlich laut Sachverhaltsmitteilung allein die Pflicht, "Instandhaltungskosten" zu übernehmen. Nach gängiger Definition bedeutet nun Instandhaltung "Erhaltung durch Pflege". Von weitergehenden Instandsetzungspflichten im Sinne von Erneuerungen, Ersatzbeschaffungen und größeren Sanierungen war gerade in der Vereinbarung nicht die Rede. Schon aus diesem Grund hätte man zum Ergebnis gelangen müssen, dass das notwendige Fällen eines auf einer Sondernutzungsfläche bereits von Anfang an stehenden Baums in den Instandsetzungsbereich "der Gemeinschaft" fällt und mit üblicher Instandhaltungs-Pflege (wie z.B. Baumschnitt, Auslichten, Rasenmähen usw.) absolut nichts mehr zu tun hat. Das objektiv erforderliche Fällen eines solchen Baums (i.Ü. auch eines kranken, von Ungeziefer befallenen oder auch sturmgeschädigten Baums) kann nicht als "Instandhaltung" angese...

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