Leitsatz

Sondereigentum an einem Raum kann auch dann entstehen, wenn es an einer tatsächlichen Abgrenzung des Raums gegen fremdes Sondereigentum fehlt, die Begrenzung nach dem Aufteilungsplan und der Bauausführung jedoch eindeutig ist

 

Normenkette

§§ 3 Abs. 2, 8 u. 15 Abs. 3 WEG; §§ 985u. 1004 Abs. 1 BGB

 

Kommentar

  1. Zum Tatbestand:

    In der Teilungserklärung nach § 8 WEG wurde unter Hinweis auf den Aufteilungsplan eine Wohnung Nr. 3, bestehend aus Zimmern im Dachgeschoss und Obergeschoss begründet, ebenso das einer Wohnung Nr. 2, bestehend aus Räumen im Erdgeschoss und zusätzlich einem an den Wohnraum der Wohnung Nr. 3 im Obergeschoss angrenzenden, etwa 24 qm großen Wohnraum (mit Zugangsmöglichkeit allein vom Erdgeschoss der Wohnung Nr. 2). Dieser der Wohnung Nr. 2 ebenfalls zu Sondereigentum zugeordnete Raum im Obergeschoss wurde allerdings nicht durch eine Trennwand abgegrenzt. Dies führte dazu, dass der gesamte Raum (Wohnzimmer der Wohnung Nr. 3) nicht gegen den angrenzenden Wohnraum der Wohnung Nr. 2 abgeschlossen war, sondern einen etwa 49 qm großen Raum betraf, der allein von der Wohnung Nr. 2 im Erdgeschoss aus zugänglich war.

    Der Kläger (Käufer der Wohnung Nr. 3, nach Auflassung auch bereits im Grundbuch eingetragen) klagte nun gegen die Eigentümer der Wohnung Nr. 2 (im EG) auf Räumung und Herausgabe des nach der Teilungserklärung zu seiner Wohnung gehörenden Raums im Obergeschoss. Nach Klageabweisung durch das Landgericht verfolgte der Kläger in der Berufung diese Ansprüche weiter und beantragte darüber hinaus, die Beklagten zu verurteilen, die Abtrennung der nach seiner Auffassung ihm zustehenden Fläche aus der vom Beklagten genutzten Wohnraumfläche zu dulden. Das Oberlandesgericht gab ihm Recht mit der Begründung, dass er an dem streitigen Teil des Wohnraums Sondereigentumerworben habe. Auf die Revision des Beklagten hin wurde die Sache vom BGH zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

  2. Aus den Gründen der Senatsentscheidung:

    Eine vom Aufteilungsplan abweichende Bauausführung berührt die Entstehung von Sondereigentum so lange nicht, als eine Abgrenzung des Sondereigentums gegen das Gemeinschaftseigentum und weiteres Sondereigentum im Gebäude nicht unmöglich ist.

    Umstritten ist allerdings, ob es zur Entstehung von Sondereigentum erforderlich ist, dass dieses gegen Gemeinschaftseigentum oder anderes Sondereigentum räumlich abgeschlossen wird. Teilweise wird vertreten, dass Sondereigentum nicht an durch bloße "Luftschranken" begrenzten Raumteilen entstehen könne. Demgegenüber wird von der herrschenden Meinung angenommen, dass es zur Entstehung von Sondereigentum ausreicht, wenn dieses gegen sonstiges Sondereigentum und gegen das Gemeinschaftseigentum eindeutig abgrenzbar ist. Danach kann unterschiedliches Sondereigentum auch an Teilen eines Raums entstehen bzw. bestehen; wenn die Außengrenzen im Aufteilungsplan durch vorgesehene Trennwände begrenzt sind. Dieser Meinung folgt auch der Senat, da es Ziel des Wohnungseigentumsgesetzes ist, durch die rechtliche Verselbstständigung von Wohnungs- und Teileigentum gegenüber einem Miteigentum den Wohnungserwerb zu fördern. Zu dessen Abgrenzung tritt der Aufteilungsplan an die Stelle der Vermessung und katastermäßigen Erfassung von Grundstücken. Er ist der Eintragungsbewilligung beizufügen. Durch die Bezugnahme der Eintragung auf die Bewilligung wird der Aufteilungsplan Inhalt des Grundbuchs (§ 7 Abs. 3 WEG) und sichert so auch die sachenrechtlich notwendige Bestimmtheit.

    Die Aufhebung einer Abgeschlossenheit lässt den Bestand des Sondereigentums unberührt. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob die Abgeschlossenheit nachträglich aufgehoben wird oder ob sie schon bei der Errichtung des Gebäudes fehlt.

    Im aktuellen Fall entspricht die Bauausführung nur insoweit nicht dem Aufteilungsplan, als der streitgegenständliche Teil der Wohnung Nr. 3 gegen die Wohnung der Beklagten (Nr. 2) nicht abgeschlossen und nur von dort zugänglich ist. Der nach dem Aufteilungsplan zur Wohnung Nr. 3 gehörende Wohnraum (Wohnraumteil) lässt sich nach Lage und Umgrenzung allerdings ohne Weiteres nach den Maßen im Aufteilungsplan identifizieren. Der Kläger muss allerdings Eigentümer der behaupteten Raumfläche geworden sein, was eine entsprechende Auflassung an ihn voraussetzt. Dabei ist Gegenstand der Auflassung das von den Parteien mit ihren Erklärungen übereinstimmend Gewollte, wenn der Wortlaut ihrer Erklärungen hiervon abweicht. Dies ist vom Berufungsgericht (OLG) übersehen worden. Würde der Wille des Klägers mit dem des Verkäufers (Bauträger) übereinstimmen, wäre das Wohnungseigentum dem Kläger nicht aufgelassen worden. Denn nach der Vorstellung des Verkäufers sollte der nach dem Aufteilungsplan zur erworbenen Wohnung Nr. 3 gehörende Wohnraum im Obergeschoss nicht auf den Kläger übertragen werden. Die Bezeichnung des Wohnungseigentums in der Auflassungserklärung ginge fehl (vgl. zum übereinstimmenden Irrtum bei der Bezeichnung eines Grundstücks BGH, NJW-RR 19...

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