Rz. 3

Das FamGB differenziert zwischen den Voraussetzungen für das Bestehen einer Ehe – zwei Personen verschiedenen Geschlechts erklären vor dem zuständigen staatlichen Organ ihr Einverständnis zur Eheschließung (Art. 22) – und den Voraussetzungen für die Gültigkeit der Ehe (Art. 23–29; zur Gültigkeit vgl. Rdn 5). Liegen die Voraussetzungen nach Art. 22 nicht vor, besteht keine Ehe ("Nichtehe"); eine Nichtehe zeitigt keine Rechtsfolgen (Art. 42). Der Staatsanwalt und jene Personen, die ein rechtliches Interesse haben, können jedoch eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe einbringen (Art. 43).

 

Rz. 4

Grundsätzlich ist für die Schließung der Ehe die Anwesenheit (1) der zukünftigen Ehegatten, (2) des Standesbeamten, (3) des Vorstands der Verwaltungseinheit oder einer von ihm ermächtigten Person oder des Bürgermeisters sowie (4) zweier Zeugen erforderlich (Art. 36 Abs. 1). Eine Eheschließung durch einen Vertreter ist nicht (mehr) möglich. Wenn dies die Ehegatten erklären, kann die Eheschließung einerseits ohne Zeugen (Art. 36 Abs. 2) und andererseits lediglich vor einem Standesbeamten (Art. 38 f.) stattfinden.

 

Rz. 5

Als Eheungültigkeitsgründe gelten:

Irrtum[9] oder Zwang bei der Erklärung des Einverständnisses zur Eheschließung (Art. 23);
Minderjährigkeit; d.h. nicht vollendetes 18. Lebensjahr (Art. 24 Abs. 1). Bei Vorliegen berechtigter Gründe kann das Gericht die Eheschließung eines zumindest 15-jährigen Kindes genehmigen, sofern dieses die nötige körperliche und geistige Reife hat, um die Rechtswirkungen, die mit einer Ehe verbunden sind, zu verstehen (Art. 24 Abs. 2);[10]
Urteilsunfähigkeit (Art. 25);
eine bestehende Ehe (Art. 26);
Verwandtschaft: Verwandte in gerader Linie und in der Seitenlinie bis zum vierten Grad, wobei dies – mit Ausnahme des Verhältnisses zwischen Annehmenden und Angenommenen – nicht für die durch Adoption begründeten Verhältnisse gilt (Art. 27). Bei Vorliegen berechtigter Gründe kann das Gericht die Eheschließung zwischen den Kindern von Geschwistern und Halbgeschwistern genehmigen (Art. 27 Abs. 3); vor der Entscheidung berücksichtigt das Gericht die Meinung des Zentrums für Sozialarbeit (Art. 29);
Vormundschaft: ein Vormund und sein Pflegebefohlener können während der Dauer der Vormundschaft eine Ehe nur mit Genehmigung des Gerichts schließen (Art. 28); vor der Entscheidung berücksichtigt das Gericht die Meinung des Zentrums für Sozialarbeit (Art. 29);
die Ehe wird nicht zum Zweck der Lebensgemeinschaft geschlossen (Art. 47 Abs. 2; vgl. Art. 30 Abs. 4 für den Sonderfall der Eheschließung eines slowenischen und ausländischen Staatsangehörigen);
bei der Eheschließung waren nicht beide Ehegatten anwesend (Art. 47 Abs. 1).
[9] Irrtum über die Person (Art. 23 Abs. 3); im Unterschied zum EheFamG sieht das FamGB keine Eheungültigkeit wegen des Irrtums über wesentliche Eigenschaften des Ehegatten vor.
[10] Vor der Entscheidung berücksichtigt das Gericht die Meinung des Zentrums für Sozialarbeit (Art. 29).

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