Tenor

I. Auf die Erinnerung der Antragsgegnerin vom 04.08.2010 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.07.2010 abgeändert.

II. Die nach dem Anerkenntnis vom 09.04.2010 von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 197 Abs. 1 SGG werden auf 226,10 Euro festgesetzt.

III. Eine Verzinsung entfällt. Bei Eingang des Verzinsungsantrags am 27.09.2010 war der geschuldete Betrag von 226,10 Euro bereits von der Antragsgegnerin an den Antragsteller bezahlt.

 

Gründe

I. Streitig ist, ob für das Antragsverfahren auf einstweiligen Rechtschutz (Az.: S 9 AS 288/10 ER) nach angenommenem Anerkenntnis eine fiktive Terminsgebühr angefallen ist.

Der Bevollmächtigte hat für den Antragsteller am 03.04.2010 beim Sozialgericht Würzburg einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt und beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, für den Antragsteller die Umzugskosten zu übernehmen. Mit Schreiben vom 09.04.2010 erklärte sich die Antragsgegnerin bereit, die angemessenen Umzugskosten inklusive Personal und die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu übernehmen. Der Antragsteller nahm das Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Mit Schriftsatz vom 09.04.2010 beantragte der Bevollmächtigte, die dem Antragsteller er-stattungsfähigen Kosten gemäß der nachstehenden Kostenberechnung festzusetzen.

Verfahrensgebühr Sozialrecht (1. Rechtszug) gem. § 3 RVG i.V.m. Nr. 3102 VV RVG

170,00 EUR

Terminsgebühr Sozialrecht (1. Rechtszug) gem. § 3 RVG i. V. m. Nr. 3106 VV RVG

200,00 EUR

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

Nettobetrag

390,00 EUR

19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG

74,10 EUR

Gesamtbetrag

464,10 EUR.

Die Antragsgegnerin erkannte die Kosten mit Ausnahme der fiktiven Terminsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer an. Eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV-RVG sei nur in Verfahren anwendbar, in denen die mündliche Verhandlung der Regelfall sei. Sinn und Zweck der fiktiven Terminsgebühr sei es, eine unnötige mündliche Verhandlung zu vermeiden. Unerheblich sei daher, dass das Verfahren nach Anerkenntnis geendet habe. Da der Antragsteller an seinen Antrag auf Festsetzung der fiktiven Terminsgebühr unter Berufung auf die Entscheidungen des Bayerischen LSG vom 26.08.2009 und des Thüringer LSG vom 26.11.2008 festhielt, setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgericht mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.07.2010 die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 345,10 EUR fest. Diese Berechnung sieht wie folgt aus: Verfahrensgebühr §§ 3, 14 i.V.m. der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG - VV Nr. 3102 170,00 EUR Terminsgebühr VV Nr. 3106 100,00 EUR Auslagenpauschale - VV Nr. 7002 20,00 EUR Nettobetrag 290,00 EUR 19 % Mehrwertsteuer - VV Nr. 7008 55,10 EUR Gesamtbetrag 345,10 EUR. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin könne auch in einem einstweiligen Rechtschutzverfahren eine Terminsgebühr anfallen. Die Voraussetzungen aus VV 3106 Nr. 3 RVG (Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, Beendigung des Verfahrens nach angenommenem Anerkenntnis und ohne mündliche Verhandlung) lägen vor. Da ein Termin nicht stattgefunden habe, sei bei der Bemessung der Höhe der Terminsgebühr auf den hypothetischen Aufwand abzustellen, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Fall voraussichtlich entstanden wäre. Im Termin hätte es lediglich der Annahme des Anerkenntnisses bedurft. Der Aufwand sowohl zur Vorbereitung des Termins als auch am Tag des Termins wäre unterdurchschnittlich gewesen. Daher werde die fiktive Terminsgebühr auf 100,00 EUR festgesetzt. Dagegen hat die Antragsgegnerin Erinnerung eingelegt (Eingang am 12.08.2010). In der Rechtsprechung sei es strittig, ob im einstweiligen Verfahren eine fiktive Terminsgebühr entstehen könne, da keine mündliche Verhandlung vorgesehen sei, die durch Anerkenntnis vermieden werden könne. Unter Zugrundelegung folgender Rechtsprechung könne eine Terminsgebühr im einstweiligen Rechtschutzverfahren gar nicht entstehen: SG Reutlingen vom 12.09.2007, LSG Schleswig-Holstein vom 10.09.2009, SG Berlin vom 20.01.2010, LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.05.2010 und 09.07.2010. Wenn das Gericht entgegen dieser Auffassung eine Terminsgebühr annehme, sei maximal ein Viertel der Mittelgebühr angemessen. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und den Vorgang der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung ist zulässig. Sie ist auch begründet. Ausgehend davon, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten des Antragstellers im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes mit der Verfahrensgebühr abgegolten ist und keine besondere Tätigkeit erforderlich war, einen Termin zu vermeiden, ist nach Sinn und Zweck keine besondere "Tätigkeitsgebühr" angefallen. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, dass die fiktive Terminsgebühr als zusätzliche Gebühr nach § 3106 Ziffer 3 VV-RVG nur in solchen Verfahren anfallen kann, in denen eine mündl...

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