Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Meldung. frühzeitige Arbeitssuche. Unverzüglichkeit. Handlungsfrist. Beginn und Berechnung der Minderung

 

Orientierungssatz

1. "Unverzüglich" iS von § 37b S 1 SGB 3 iVm § 121 Abs 1 BGB ist eine Meldung nach Ablauf einer angemessenen Handlungsfrist von sieben Kalendertagen.

2. Die Minderung des Arbeitslosengeldes nach § 140 SGB 3 kann erst beginnen, sobald die Meldung nicht mehr als unverzüglich anzusehen ist und die Handlungsfrist des Arbeitnehmers verstrichen ist. Bei der Berechnung der Verspätungstage iS von § 140 S 2 SGB 3 sind Feiertage und Wochenenden herauszurechnen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten in Höhe von 385 € vorgenommene Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in Höhe von 315 €.

Der 1966 geborene Kläger war vom 01.10.2002 bis 31.05.2003 und vom 15.08.2003 bis 31.12.2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Das letzte Arbeitsverhältnis endete in der Probezeit durch Kündigung vom 16.12.2003, die dem Kläger am 16.12.2003 persönlich übergeben wurde. Im Kündigungsschreiben wird darauf hingewiesen, “dass das Arbeitslosengeld gekürzt werden kann falls Sie sich nicht unverzüglich beim Arbeitsamt melden."

Am 30.12.2003 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 10.02.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei der Verpflichtung, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, nicht rechtzeitig nachgekommen. Der Kläger hätte sich spätestens am 20.12.2003 arbeitsuchend melden müssen, damit sei die Meldung um elf Tage zu spät erfolgt und der Anspruch mindere sich um 35 € für jeden Tag der verspäteten Meldung und damit insgesamt um 385 €. Die Minderung beginne am 01.01.2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 26.01.2004 beendet.

Mit Bescheid vom 17.02.2004 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 615 € wöchentlich und nahm die angekündigte Minderung vor.

Gegen den Bescheid vom 10.02.2004 legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, der letzte Arbeitstag sei der 20.12.2003 gewesen. Vorher habe er sich nicht melden können. Nach telefonischer Auskünfte mehrerer Agenturen werde als unverzügliche Meldung noch eine Meldung innerhalb von sieben Kalendertagen angesehen. Im Übrigen halte er es nicht für möglich, Samstage, Sonn- und Feiertage anzurechnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Meldepflicht entstehe am 17.12.2003 und als Verspätungstage seien alle Kalendertage ab dem Tag zu berücksichtigen, der nach dem Tag liege, an dem die Meldung spätestens hätte erfolgen müssen bis einschließlich dem Tag, an dem die Meldung tatsächlich erfolgt sei. Der Arbeitgeber hätte den Kläger freizustellen gehabt. Im Übrigen habe sich der Kläger auch nicht innerhalb von sieben Kalendertagen gemeldet.

Hiergegen erhob der Kläger am 26.03.2004 Klage. Er trägt vor, nach der Auslegungsinformation der Beklagten, Agentur für Arbeit A., auf der Internet-Homepage gelte die Meldung als unverzüglich erfolgt, wenn sie spätestens am siebten Kalendertag ab dem Tag nach Beginn der Meldepflicht vorgenommen werde. Die Frist beginne damit am 17.12.2003 und ende am 23.12.2003. Der erste Verspätungstag sei der 24.12.2003 gewesen, an diesem Tag sei das Arbeitsamt bis einschließlich 28.12.2003 geschlossen gewesen. Somit seien lediglich 70 € leistungskürzend in Abzug zu bringen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 10.02.2004 und 17.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2004 insoweit aufzuheben, als die Beklagte das Arbeitslosengeld um 315 € gemindert hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Verhandlung, Beratung und Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld mindert sich gemäß §§ 37b, 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) lediglich um 70 € und nicht um 385 €.

Streitgegenstand sind die Bescheide vom 10.02.2004 und 17.02.2004. Auch das Schreiben vom 10.02.2004 stellt einen Verwaltungsakt dar. Zwar wird die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Bewilligungsbescheid vom 17.02.2004 verfügt. Allerdings enthält das Schreiben vom 10.02.2004 insofern eine zusätzliche Regelung, als nur aus diesem Schreiben ersichtlich ist, von wann bis wann sich der Anspruch mindert und in welcher Höhe insgesamt (aA LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.11.2004, L 5 AL 3812/04, anhängig BSG B 7a/7 AL 94/04 R).

Unstreitig erfüllt der Kläger ab 01.01.2004 die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld. Denn er war arbeitslos, hatte sich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt, § 117 Abs. 1 S...

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