Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Dozententätigkeit bei einem gemeinnützigen Aus- und Weiterbildungsdienstleister. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Orientierungssatz

Zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung einer Tätigkeit als Dozent bei einem gemeinnützigen Aus- und Weiterbildungsdienstleister im Rahmen eines Auftragsverhältnisses.

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 29.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2014 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 22.09.2009 bis 23.03.2010 nicht als Arbeitnehmer versicherungspflichtig in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene bei der Klägerin in der Zeit vom 22.09.2009 bis 23.03.2010 abhängig beschäftigt war und ob Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Die Klägerin ist ein gemeinnütziger Aus- und Weiterbildungsdienstleister mit den Geschäftsfeldern Ausbildung und Technologie (Grund-und Fachausbildung, Projektausbildung, Berufsfachschule und Berufskolleg) sowie Akademie (Studienakademie und Businessakademie). Mit einem sogenannten "Trainerpool" (fast 400 Trainer) führt die Klägerin an vier Standorten (P., R., N.und G..) Lehrgänge durch.

Der 1968 geborene Beigeladene war vom 22.09.2009 bis 23.03.2010 für die Klägerin im Rahmen des Lehrgangs "Technisches Berufskolleg II" tätig. Grundlage hierfür war die Trainervereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen vom 21.07.2009, wonach der Beigeladene für die Zeit vom 21.09.2009 bis 31.07.2010 die Unterrichtsfächer BWL/VWL, Mathematik, Geschichte und Gemeinschaftskunde in R. unterrichten sollte. Tatsächlich unterrichtete der Beigeladene nur bis zum 23.03.2010, da er - wegen Verlegung seines Wohnsitzes nach England - die Trainervereinbarung am 05.02.2010 zum 31.03.2010 gekündigt hatte. Die Trainervereinbarung sah in Ziffer 2 vor, dass der Beigeladene ein Honorar i.H.v. 25 € pro geleisteter Unterrichtsstunde erhält, wobei mit dem Honorar auch die fachliche und methodische Vorbereitung der Veranstaltung, die Beschaffung des Unterrichtsmaterials einschließlich eines vorab dem Auftraggeber einzureichenden Belegexemplars seines Manuskripts sowie sämtliche Nebenkosten abgegolten sein sollten. Die Tätigkeit als Trainer erfolge in freier Mitarbeit. Neben dem Honorar erhalte der Trainer einen Fahrtkostenzuschuss i.H.v. 0,27 € je Entfernungskilometer (Ziffer 3 der Vereinbarung). Zahlungen aufgrund dieser Vereinbarungen seien nach Abschluss der Veranstaltung fällig, wobei eine ordnungsgemäße Rechnung des Trainers notwendig sei (Ziffer 4 der Vereinbarung). Der Trainer sei nicht berechtigt, ohne vorherige Genehmigung des Auftraggebers Datum, Ort oder Zeit seiner Leistung zu verändern (Ziffer 5 der Vereinbarung). Ausgefallene Unterrichtsstunden (etwa wegen Krankheit oder anderer dringender Gründe) müssten nach Absprache mit dem Auftraggeber nachgeholt werden (Ziffer 6 der Vereinbarung).

Am 04.04.2013 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin vorgelegen habe. Er gab hierbei an, für die folgenden weiteren Auftraggeber tätig gewesen zu sein: Lernstudio B. in G., Berufliche Bildung gGmbH Stuttgart und Internationaler Bund G./W. Auch bezüglich dieser Auftragsverhältnisse (sowie im Hinblick auf sein Auftragsverhältnis zur Volkshochschule K.) stellte er am 04.04.2013 bei der Beklagten Anträge auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Im Hinblick auf die Klägerin führte der Beigeladene unter dem 26.03.2013 aus, er sei für die Klägerin Lehrer für die Fächer BWL und Mathematik gewesen und habe den Lehrplan des Regierungspräsidiums Stuttgart berücksichtigen müssen. Unterrichtsräume, Unterrichtszeiten, Pausen und die Anzahl der Arbeiten seien von der Klägerin genau vorgeschrieben gewesen. Aus dem Lehrplan des Regierungspräsidiums Stuttgart ergebe sich auch die Anzahl der Schulstunden pro Woche. Sein Unterricht sei gegen seinen Einspruch in das Untergeschoss des Unterrichtsgebäudes verlegt worden. Dienstbesprechungen habe er mit seinem Vorgesetzten, Herrn S. (Leiter der Berufsfachschule), in informeller Weise in dessen Büro geführt. Er trete nicht unternehmerisch auf, habe kein eigenes Firmenlogo, verfüge nicht über eine eigene Preisgestaltung, habe keinen Kapitaleinsatz, bewerbe seine Tätigkeit nicht und habe keinerlei finanzielles Risiko. Zudem legte der Beigeladene seine Rechnungen bezüglich seiner Tätigkeit bei der Klägerin für die Monate September 2009 (250 €), Oktober 2009 (500 €), November 2009 (600 €), Dezember 2009 (650 €), Januar 2010 (450 €), Februar 2010 (300 €) und März 2010 (450 €)...

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