Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. kein Anfall einer (fiktiven) Terminsgebühr bei Teilanerkenntnis und Erledigungserklärung ohne mündliche Verhandlung. Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die (fiktive) Terminsgebühr nach Nr 3106 S 2 Var 3 VV RVG fällt nur bei einem vollen Anerkenntnis an. Ein angenommenes Teilanerkenntnis verbunden mit einer Erledigungserklärung des Rechtsstreits im Übrigen löst den Gebührentatbestand nicht aus.

2. Kostenentscheidungserfordernis im Erinnerungsverfahren (hier offengelassen).

 

Tenor

Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Stuttgart vom 08.12.2009 (S 24 R 7954/07) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der zugunsten des Klägers erstattungsfähigen Kosten für das erledigte Klageverfahren S 24 R 7954/07.

Mit seiner am 02.11.2007 erhobenen Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.10.2007 hinaus (Antrag vom 05.06.2007, Ablehnungsbescheid vom 30.07.2007, Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007). Nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers durch das Gericht und Erhebung des medizinischen Sachverständigengutachtens des Internisten, Gastroenterologen und Onkologen Prof. Dr. L. vom 16.07.2009 anerkannte die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.09.2009, dass der Kläger über den 31.10.2007 hinaus voll erwerbsgemindert ist und erklärte sich bereit, ihm für die Zeit vom 01.11.2007 befristet bis zum 31.10.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Sofern der Rechtsstreit durch dieses Anerkenntnis übereinstimmend für erledigt angesehen werde, würden die außergerichtlichen Kosten des Klägers von der Beklagten dem Grunde nach zur Hälfte übernommen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 15.10.2009 nahm der Kläger das Anerkenntnis der Beklagten vom 23.09.2009 an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

Mit Schriftsatz vom 04.11.2009 teilte die Beklagte mit, dass sie bereit sei, die außergerichtlichen Kosten des Klägers wie folgt zu übernehmen:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG

250,00 €

Einigungs-/Erledigungsgebühr gem. Nr. 1006 VV RVG

190,00 €

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Dokumentenpauschale gem. Nr. 7000 VV RVG

48,10 €

508,10 €

Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG

96,54 €

Summe 

604,64 €

hiervon ½

302,32 €

Die Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG lägen nicht vor. Der Betrag von 302,32 € sei zur Auszahlung angewiesen worden.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.11.2009 - bei Gericht unter dem 20.11.2009 eingegangen - machte die Prozessbevollmächtigte des Klägers folgende Kosten geltend:

Verfahrensgebühr für Verfahren vor Sozialgericht, § 14 RVG, Nr. 3102 VV RVG

250,00 €

Terminsgebühr im Verfahren vor Sozialgericht, § 14 RVG, Nr. 3106 VV RVG

200,00 €

Einigungsgebühr, gerichtliches Verfahren in sozialrechtlichen Angelegenheiten,

§ 14 RVG, Nr. 1006, 1005 VV RVG

190,00 €

Pauschale für Post und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Dokumentenpauschale für Ablichtungen, Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG

48,10 €

Zwischensumme netto

708,10 €

19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG

134,54 €

Gesamtbetrag

842,64 €

hiervon ½

421,32 €

bereits bezahlt

302,32 €

verbleiben

119,00 €

Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Var. 3 VV RVG sei in Ansatz zu bringen, weil sie dann entstehe, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung ende. Dies gelte auch bei einem Teilanerkenntnis, soweit es sich um einen teilbaren Anspruch handele.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.12.2009 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des hiesigen Gerichts die Kosten auf 302,32 € festgesetzt. Im Einzelnen:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

170,00 €

(gemeint 250,00 €)

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG

190,00 €

Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG

48,10 €

Auslagenersatz Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

96,54 €

insgesamt

606,64 €

davon ½

302,35 €

(gemeint 302,32 €)

Die geltend gemachte Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 2 Var. 3 VV RVG könne nach Annahme des von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses nicht in Ansatz gebracht werden. Denn der Rechtsstreit sei nicht durch ein (volles) Anerkenntnis im Sinne der Nr. 3106 Satz 2 Var. 3 VV RVG erledigt worden. Dabei könne dahinstehen, ob der Regelungsvorschlag der Beklagten ein Teilanerkenntnis oder einen Vergleichsvorschlag darstelle.

Hiergegen hat der Kläger unter dem 14.12.2009 unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Kostenfestsetzungsverfahren die Entscheidung des Gerichts beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Kostenstreitbeiheft Bezug genommen.

II.

Der vom Kläger form- und fristgerecht erhobene, gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Verbindung mit § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Erinnerung statthafte und auch...

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