Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß SGB 6. zur Berechnung der Entgeltpunkte, wenn sich die Folgerente nicht nahtlos an die vorherige Rente anschließt

 

Orientierungssatz

1. Gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a SGB 6 ist der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0.

2. Gemäß § 77 Abs. 3 Satz SGB 6 bleibt für diejenigen Entgeltpunkte, die bereits Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer früheren Rente waren der frühere Zugangsfaktor maßgebend. Die Regelung greift aber nur dann, wenn sich die Folgerente nahtlos an die vorherige Rente anschließt und die alte Rente nach Vollendung des 62. Lebensjahres weggefallen ist. Dies folgt bereits aus der Regelung in § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB 6 nach der die Zeit eines Bezuges einer Rente vor Vollendung des 62. Lebensjahres nicht als Zeit der vorzeitigen Inanspruchnahme gilt.

3. Auch das Bundessozialgericht hält an der in der Vergangenheit vom zuständigen 4. Senat des Bundessozialgerichtes vertretenen Auffassung, nach der die Kürzung des Zugangsfaktors vor Vollendung des 62. Lebensjahres verfassungswidrig war, zwischenzeitlich nicht mehr fest.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.11.2011; Aktenzeichen B 13 R 9/11 R)

BSG (Urteil vom 19.10.2011; Aktenzeichen B 13 R 9/11 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Rücknahmebescheid, mit welchem die der Berechnung seiner Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit zugrundegelegten persönlichen Entgeltpunkte von 56,3265 auf 47,6777 gemindert wurden.

Die Beklagte bewilligte dem am 29. Januar 1947 geborenen Kläger mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 1. August 2007. Bei der Berechnung der Rente wurden ein Zugangsfaktor von 1,0 sowie 56,3265 Entgeltpunkte zugrundegelegt. In der Zeit vom 1. August 1996 bis 30. Juni 1998 hatte der Kläger bereits eine Rente wegen Berufsunfähigkeit durch die Beklagte bezogen. Dieser Rentenberechnung hatten ebenfalls 56,3265 Entgeltpunkte zugrundegelegen. Bereits vor Auszahlung der ersten Rentenleistung nahm die Beklagte den Bescheid vom 30. Oktober 2007 durch Bescheid vom 1. November 2007 teilweise zurück und setzte nur noch 47,6777 persönliche Entgeltpunkte fest. Hierbei wurde der Zugangsfaktor um 16,2 % auf 0,838 gemindert. Eine vorherige Anhörung hatte nicht stattgefunden.

Hiergegen erhob der Kläger am 12. November 2007 Widerspruch. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2009 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bescheid vom 30. Oktober 2007 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Zwar habe der Kläger bereits zuvor eine Berufsunfähigkeitsrente bezogen. Diese sei jedoch noch vor Vollendung des 62. Lebensjahres des Klägers weggefallen und die Folgerente habe sich nicht nahtlos an die Rente wegen Berufsunfähigkeit angeschlossen. Daher sei der Zugangsfaktor für die Folgerente gemäß § 77 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -Gesetzliche Rentenversicherung- (SGB VI) zu vermindern. Vertrauensschutz habe auf Seiten des Klägers nicht bestanden. Die Rücknahme sei bereits erfolgt, bevor der Kläger die erste Rentenleistung erhalten habe. Vermögensdispositionen habe der Kläger nicht getroffen. Die unterbliebene Anhörung im Verwaltungsverfahren sei im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden. Der Mangel sei insoweit geheilt worden. Das Interesse an der Rücknahme seitens der Versichertengemeinschaft sei höher zu bewerten als das Interesse des Klägers am Bestand des ursprünglichen Bescheides, da diesem keine anderen Sozialleistungen entgangen seien.

Hiergegen hat der Kläger am 9. Oktober 2009 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass eine Verminderung des Zugangsfaktors rechtswidrig sei, da bereits vorher eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bezogen worden sei. Daher greife die Ausnahmevorschrift des § 77 Abs 3 Satz 1 SGB VI. Darüber hinaus habe auf Seiten des Klägers keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis bezüglich der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30. Oktober 2007 vorgelegen. Außerdem sei das erforderliche Anhörungsverfahren nicht durchgeführt worden.

Der Kläger beantragt,

1. den Bescheid vom 1. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2009 aufzuheben.

2. die Beklagte zu verurteilen dem Kläger nach dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 30. Oktober 2007 Altersrente unter Berücksichtigung von 56,8026 Entgeltpunkten zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte haben vorgelegen und wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbrin...

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