Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Gehaltsnachzahlung. Maßgeblichkeit des tatsächlichen Zuflusses im Bemessungszeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

Gehaltsnachzahlungen für Monate außerhalb des Bemessungszeitraumes, die im Bemessungszeitraum noch im laufenden Jahr ausgezahlt werden, sind nach § 2 Abs 1 S 3 BEEG idF des Elterngeldvollzugsvereinfachungsgesetzes vom 10.9.2012 (juris: EGeldVereinfG) bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 27.06.2019; Aktenzeichen B 10 EG 1/18 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 20. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2015 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 25. September 2014 bis 24. Juli 2015 höheres Elterngeld unter Zugrundelegung eines Gesamtbemessungsentgeltes von 22.933,33 € zu gewähren.

3. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.

4. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld im Zeitraum vom 25. September 2014 bis 24. Juli 2015 nach dem Bundeselterngeldgesetz (BEEG).

Die im September 1980 geborene Klägerin war seit April 2008 durchgängig bei einer Bildungseinrichtung (I. P.-A. GmbH) tätig. Ab Sommer 2013 wurden ihre Gehälter von der Bildungseinrichtung nur noch schleppend oder verspätet gezahlt. So erhielt die Klägerin am 7. August 2013 eine Nachzahlung für Juni in Höhe von 1.900,00 € und am 11. September 2013 wiederum eine Nachzahlung in Höhe von ebenfalls 1.900,00 €. Für die Monate August bis Oktober 2013 erhielt die Klägerin wegen Insolvenz der Bildungseinrichtung keine Lohnzahlungen. Vielmehr wurde für diesen Zeitraum Insolvenzgeld von Agentur für Arbeit gezahlt. Ab November 2013 bis Juli 2014 erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber regelmäßige Lohnzahlungen. Bezüglich genauerer Einzelheiten zur Höhe der Lohnzahlungen ab Juni 2013 bis Juli 2014 wird auf Blatt 2 der Klageschrift der Klägerin vom 17. April 2015 verwiesen.

Vom 11. Juli 2014 bis 20. Oktober 2014 erhielt die Klägerin anlässlich der Geburt ihres Kindes E. am 25. August 2014 Mutterschaftsgeld. Unter dem 20. September 2014 beantragte die Klägerin -betreffend die Geburt ihres Kindes E.- die Gewährung von Elterngeld für die ersten 11 Lebensmonate des Kindes. Dem Ganzen fügte sie Verdienstabrechnungen für die Zeiträume Juni 2013 bis August 2014 bei. Bezüglich genauer Einzelheiten der Lohnbescheinigungen wird auf Blatt 8 - 21 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Gleichzeitig verzichtete sie auf die Ausklammerung des Mutterschaftsgeldbezugsmonats Juli 2014, wenn sich die Ausklammerung für sie negativ auswirke.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 bewilligte ihr die Beklagte für die ersten 11 Lebensmonate ab 25. August 2014 Elterngeld (ab 25. August 2014 bis 24. September 2014 in Höhe von 0 €, ab 25. September bis 24. Oktober 2014 in Höhe von 110,72 €, vom 25. Oktober 2014 bis 24. November 2014 in Höhe von 830,26 € und ab 25. November 2014 bis 24. Juli 2015 in Höhe von monatlich je 754,78 €).

Mit Widerspruch vom 12. November 2014 machte die Klägerin geltend, dass bei ihr als Gesamtbemessungsentgelt nicht der Betrag von 20.250,00 € sondern ein solcher in Höhe von 22.933,33 € zugrunde zu legen sei, da auch die Nachzahlungen für die Monate Juni 2013 und Juli 2013, welche ihr im Bemessungszeitraum zugeflossen seien, zu berücksichtigen seien. Mit der Gesetzesänderung ab 16. September 2012 und dem neuen Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEGG seien auch im Bemessungszeitraum nachträglich zugeflossene Entgelte und vorherige Zeiträume zu berücksichtigen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik der Vorschrift. Zudem könne auch auf die Verschiebung des Bemessungszeitraumes wegen Bezuges von Mutterschaftsgeld nach der einschlägigen BSG Rechtsprechung verzichtet werden. Dies mache sie hiermit ausdrücklich geltend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch unter Verweis auf die BSG-Entscheidung vom 30. September 2010 (Az.: B 10 EG 19/09 R, Rdnr. 23) zum modifizierten Zuflussprinzip als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, dass bei der Bemessung eine Summe von 22.933,33 € zugrunde zu legen sei. Bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEGG stelle darauf ab, dass der Berechtigte im Bemessungszeitraum Einkommen aus Erwerbstätigkeit aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG „hat“. Sie habe im Bemessungszeitraum dieses Einkommen, welches nachträglich zugeflossen ist, gehabt. Auch der Normzweck spreche für eine solche Auslegung der Vorschrift. Maßgeblich für die wirtschaftlichen Verhältnisse im Bemessungszeitraum sei nicht unbedingt die Höhe des erarbeiteten Einkommens, sondern das zufließende Einkommen. Auch aus der Entstehungsgeschichte (Bundestagsdrucksache 17/9841, Seite 18) gehe hervor, dass die Vorschrift explizit im Hinblick a...

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