Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Beitragspflicht eines Altersrentenbeziehers in der gesetzlichen Krankenversicherung bei einem Auslandsaufenthalt. Verrechnung der Rentenzahlung mit Zahlungsrückständen des Rentenempfängers in der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Wird während eines Aufenthalts in den Niederlanden weiterhin eine gesetzliche Altersrente aus der deutschen Rentenversicherung bezogen (hier: Hinterbliebenenrente), so besteht auch die Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung fort, sodass der Rentenversicherungsträger entsprechende Beiträge aus der Rentenleistung abführen muss.

2. Einzelfall zur Verrechnung der Rentenzahlung mit Zahlungsrückständen des Rentenempfängers in der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den durch die Beklagte faktisch seit März 2021 vorgenommenen, bescheidsmäßig erstmals am 16.04.2020 festgesetzten, Einbehalt von monatlich 404,90 Euro aus laufender großer Witwenrente für rückständige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bezogen auf die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.05.2020 im Wege der Verrechnung zwecks endgültiger Tilgung einer Nachforderung iHv insgesamt 4.956,98 Euro.

Die Klägerin ist am 00.00.1954 geboren. Sie war nach Aktenlage seit dem 30.04.1987 verheiratet mit dem am 00.00.1945 geborenen T. bezog dann ab Februar 1988 eine Erwerbsunfähigkeitsrente alten Rechts von der für ihn zuständigen damaligen Landesversicherungsanstalt (LVA) Berlin. Er starb am 16.11.1993. Die Klägerin erhielt in der Folgezeit die kleine Witwenrente aus dessen Versicherung bei der damaligen LVA Berlin. Mit Bescheid vom 05.10.1999 erkannte dann die damalige LVA Westfalen als Vorgängerin der Deutschen Rentenversicherung Westfalen der Klägerin nach Vollendung des 45. Lebensjahres anstelle der bisherigen kleinen Witwenrente die große Witwenrente ab 01.09.1999 zu. Da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits seit Juni 1999 im Königreich der Niederlande wohnhaft war, ging der Rentenversicherungsträger davon aus, dass die Klägerin in ihrem Wohnstaat gesetzlich krankenversichert sei. Deshalb wurden keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aus der Rente einbehalten. Im Bescheid vom 05.10.1999 wurde die Klägerin in Gestalt eines ausdrücklichen Vorbehalts darauf hingewiesen, dass, sollte sich diese Annahme als unrichtig herausstellen, die Rentenzahlung rückwirkend berichtigt würde und ihr gesetzlicher Beitragsanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der Rente einbehalten und zusammen mit dem Beitragsanteil der Deutschen Rentenversicherung Westfalen an die bundesdeutsche Krankenversicherung, zuständige gesetzliche Krankenkasse, abgeführt werde. Dadurch entstehende Überzahlungen würden zurückgefordert. Dies wurde infolge Behördenversehens angesichts des Umzugs der Klägerin aus der Bundesrepublik Deutschland in die Niederlande zum 01.06.1999 unter Verschiebung der Verwaltungszuständigkeit von der LVA Berlin auf die LVA Westfalen als der bereits damals für Niederlande-Fälle zuständigen Regionalanstalt jedoch nicht weiter nachgehalten.

In der Folgezeit ging die Klägerin in den Niederlanden eine nach dortigem Recht nicht als gesetzliche Ehe anzusehende, notariell beurkundete, sog. Partnervereinbarung mit einem niederländischen Staatsbürger ein. Nach dessen Tod am 01.09.2016 bezog sie zudem nach eigenen Angaben angesichts der notariell beurkundeten Partnerschaftsbeziehung als Hinterbliebene nach niederländischem Recht zwei sog. Partnerpensionen, dabei u.a. eine Betriebsrente aus Ansprüchen des verstorbenen Partners. Zudem erhält sie nach eigenen Angaben ab Dezember 2020 auch eine eigene Altersrente von einem dortigen Rententräger nach niederländischem Recht.

Am 22.11.2019 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass sie einen Antrag auf Versichertenrente in Gestalt der eigenen Altersrente stellen werde und bat um Übersendung eines Antrages auf eine Zulage zu den von der deutschen Rente zu zahlenden Beiträgen zur niederländischen Krankenversicherung. Nach Mitteilung der zuständigen Krankenkasse, der hier im Verfahren beigeladenen Krankenkasse XY, war die Klägerin allerdings seit dem 01.09.1999 pflichtversichert in der Krankenversicherung der Rentner und der Pflegeversicherung der Rentner. Mit Bescheid vom 16.04.2020 berechnete die Beklagte dann die große Witwenrente neu. Zugleich stellte sie eine Überzahlung in Höhe von 4.956,98 Euro sowie die Pflicht zur Erstattung dieses Betrages fest. Aufgrund der festgestellten Versicherungspflicht in der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung der Rentner seien nun ab dem 01.06.2020 die Eigenanteile zur Krankenversicherung der Rentner und zur Pflegeversicherung von der laufenden Witwenrente einzubehalten.

Der gegen diesen Bescheid von der Klägerin erhobene Widerspruch ist am 08.06.2020 eingegangen. Eine seitens der Beklagten zunächst unterbliebene Anhörung nach § 24 Zehntes Buch Sozialgeset...

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