Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung: Altersrente für langjährig Versicherte. Bestimmung des Zugangsfaktors bei vorzeitigem Renteneintritt

 

Orientierungssatz

Wird eine Altersrente für langjährig Versicherte vor Vollendung des 63. Lebensjahres angetreten (hier: im Alter von 62 Jahren), ermittelt sich der Zugangsfaktor zur Rente nach der normalen Altersgrenze in der Rentenversicherung (hier: 65 Jahre), nicht jedoch nach der besonderen Altersgrenze für langjährig Versicherte (Anschluss LSG Essen, Urteil vom 18.11.2016 - L 14 R 471/16).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.06.2020; Aktenzeichen B 5 R 2/19 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe des Zugangsfaktors für eine vom Kläger in Anspruch genommene Altersrente für langjährig Versicherte im Streit.

Der am 00.00.1952 geborene Kläger war bis zum 31.08.2014 versicherungspflichtig bei der Stadt … beschäftigt. Mit Änderungsvertrag vom 20.11.2006 vereinbarte der Kläger mit seinem Arbeitgeber, dass sein Arbeitsverhältnis ab dem 1.09.2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werde. Die Arbeitsphase wurde für den Zeitraum 1.09.2007 bis 28.02.2011 und die Freizeitphase vom 1.03.2011 bis zum 31.08.2014 festgesetzt.

Durch Art. 1 Nr. 8 des Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014 (BGBl. I, 787) wurde mit Wirkung zum 1.07.2014 § 236b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] - Altersrente für besonders langjährig Versicherte - eingeführt. Hiernach haben Versicherte, die vor dem 1.01.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben.

Mit Schreiben vom 16.06.2014 wandte sich der Kläger an die Beklagte und übersandte neben dem ausgefüllten Vordruck „R 240“ zur Prüfung der Vertrauensschutzregelung den zwischen ihm und seinem früheren Arbeitgeber geschlossenen Änderungsvertrag vom 20.11.2006. Er führte des Weiteren aus, dass die Altersteilzeitvereinbarung auf der Grundlage einer anschließenden Berentung für langjährig Versicherte ab dem 1.09.2014 erfolgt sei. Da er bereits 2012 die Wartezeit für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 45 Versicherungsjahren erfülle, stelle sich die Frage der Berentung im Rahmen der Rentenreform für ihn neu. Vor diesem Hintergrund erbitte er sich eine Auskunft über die zu erwartende Rentenleistung im Anschluss an die Altersteilzeitvereinbarung zum 1.09.2014 und ggf. zur Vollendung des 63. Lebensjahres ohne weitere Beitragsleistung.

Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf mit Schreiben vom 26.06.2014 mit, dass im Zeitraum 1.01.2004 bis 3.12.2005 überschneidende Beitragszeiten gemeldet worden seien und bat insoweit um Aufklärung.

Unter dem 7.07.2014 übersandte der Kläger sodann den ausgefüllten Vordruck „R 100“ (Antrag auf Versichertenrente) und bat ihm Rahmen dessen um Prüfung, ob in Verbindung mit der Altersteilzeitregelung und der Erfüllung der Wartezeit mit 45 Pflichtversicherungsjahren nicht die Rentenleistung für besonders langjährig Versicherte mit einem geringeren Abschlag als bei der Rente für langjährig Versicherte gewährt werden könne.

Unter dem 13.8.2014 findet sich ein Aktenvermerk der Beklagten in der Verwaltungsakte. Dort heißt es wörtlich:

Vermerk:

Es wird beim Vers. nachgefragt, ob vorab eine Probeberechnung übersandt werden soll. Dieses wird verneint. Weiterhin wird erklärt, dass die AR f. bes. langj. Vers. erst zum 1.9.15 mgl. ist. Damit hat sich die Beantragung dieser Rente für ihn erl. Er bittet um FE der AR f. langj. Vers. zum 1.9.14.

….“

Die Beklagte gewährte dem Kläger sodann mit hier streitbefangenem Bescheid vom 14.08.2014 antragsgemäß eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1.09.2014. Der laufende Zahlbetrag wurde mit 1394,69 € ausgewiesen. In der Anlage 6 des Bescheides wurde zum Zugangsfaktor ausgeführt, dass dieser sich um 0,003 für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente vermindere. Ausgehend von 36 Kalendermonaten betrage die Verminderung 0,108, mithin errechne sich ein Zugangsfaktor von 0,892.

Hiergegen erhob der Kläger am 12.09.2014 Widerspruch, welchen er nicht begründete.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2014 wurde der klägerische Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 5.01.2015 Klage zum erkennenden Sozialgericht Mannheim erhoben. Zur Begründung der Klage trägt er vor, dass er im Hinblick auf seine Altersrente bereits zwei Mal Nachteile hinnehmen habe müssen. Zum einen sei eine Benachteiligung im Hinblick auf die Nachversicherung für Dienstzeiten bei der Bundeswehr erfolgt und zum anderen im Hinblick auf die durchgeführte Altersteilzeitregelung. Mit dem durch das Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz 2014 eingeführten § 236b SGB VI sei nunmehr seiner Auffassung zufolge eine Regelung getroffen worden, die Versicherte gleichen Alters m...

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