Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.06.2022; Aktenzeichen B 12 R 4/20 R)

 

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Rechtsanwälte. Sie streiten mit der Beklagten über die Frage, ob ihre Tätigkeit in einer Rechtsanwalts-GmbH als Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Die fünf Kläger haben eine bereits zuvor bestehende Rechtsanwaltskanzlei in Mannheim in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Hierzu gründeten sie zur Beurkundung des Notars … in .../Rhein am 28. Dezember 2011 die …, … und Partner Rechtsanwalts-GmbH und beschlossen deren Satzung. Gegenstand der Gesellschaft ist laut § 3 Nr. 1 der Satzung die Übernahme und die Ausführung von Anwaltsaufträgen, insbesondere die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte, die durch in Diensten der Gesellschaft stehende, zugelassene Rechtsanwälte unabhängig, weisungsfrei und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres Berufsrechts ausgeführt werden. Das Stammkapital der Gesellschaft wurde gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages zu je einem Fünftel von den fünf Klägern aufgebracht. Gemäß § 6 Nr. 2 der Satzung wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten, sofern mehrere Geschäftsführer vorhanden sind. Die Geschäftsführer werden gemäß § 6 Nr. 3 der Satzung durch Gesellschafterbeschluss bestellt und abberufen. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden gemäß § 8 Nr. 3 der Satzung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn Gesetz oder Satzung nicht eine höhere Mehrheit vorschreiben. Jeder Geschäftsanteil gewährt eine Stimme. Gemäß § 8 Nr. 4 der Satzung bedürfen Beschlüsse über Änderungen des Gesellschaftsvertrages, Auflösung der Gesellschaft, Zustimmung zur Verfügung über einen Geschäftsanteil gemäß § 11 der Satzung und Kapitalerhöhung bzw. Kapitalherabsetzung einer Mehrheit von 100 %. In ihrer ersten Gesellschafterversammlung noch am 28. Dezember 2011 beschlossen die Gesellschafter die Bestellung aller fünf Kläger jeweils zu Geschäftsführern der Gesellschaft unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Am 30. Dezember 2011 schloss die Gesellschaft mit allen fünf Klägern jeweils Geschäftsführungsverträge. Hiernach sind die Geschäftsführer in allen Angelegenheiten der Mandatsführung jeweils allein zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. § 3 Nr. 3 der Geschäftsführungsverträge sieht Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung für eine Reihe von Angelegenheiten außerhalb der eigentlichen Mandatsführung vor. Gemäß § 4 der Geschäftsführerverträge erhalten die Geschäftsführer als Vergütung jeweils ein Monatsgehalt von brutto 6.500,00 € zuzüglich eines 13. Monatsgehalts und einer gewinnabhängigen Vergütung (Tantieme) in Höhe von 10 % des tantiemepflichtigen Gewinns der Gesellschaft.

Am 27. Oktober 2014 hielten die Kläger erneut eine Gesellschafterversammlung ab und erklärten zur Beurkundung des Notars … in .../Rhein zunächst im Hinblick auf das Ausscheiden des Klägers Ziffer 4 aus der Gesellschaft dessen Abberufung als Geschäftsführer zum 31. Dezember 2014 und die Übernahme seiner Geschäftsanteile zu jeweils gleichen Teilen durch die weiteren Kläger. Zugleich vereinbarten sie die Aufhebung des Geschäftsführerdienstvertrages mit dem Kläger Ziffer 4 unter Gewährung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Höhe von 60.000,00 €.

Am 05. Oktober 2015 beantragten die Kläger bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status ihrer Tätigkeiten für die …, … und Partner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 14. Dezember 2015 jeweils fest, die Tätigkeit der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der …, … Rechtsanwaltsgesellschaft mbH seit dem 01. Januar 2012 werde im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 01. Januar 2012. In der Krankenversicherung bestehe keine Versicherungspflicht. Das Versicherungsverhältnis in der sozialen Pflegeversicherung entspreche gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI dem Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV sei Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine selbstständige Tätigkeit hingegen werde durch die freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit und das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos - dem aber entsprechende unternehmerische Chancen und Möglichkeiten gegenüberstehen müs...

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