Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Hygienezuschlag gemäß Nr A245 GOÄ 1982. kein Anspruch auf Abrechnung nach dem JVEG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein medizinischer Sachverständiger hat keinen Anspruch, einen erhöhten Hygieneaufwand durch die COVID-19-Pandemie gemäß Nr A245 GOÄ (juris: GOÄ 1982) abzurechnen.

2. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 7 Abs 1 JVEG noch aus § 10 JVEG oder § 12 Abs 1 S 2 Nr 1 JVEG.

3. Liegt der Abrechnung eine nach § 14 JVEG geschlossene Vereinbarung zugrunde, kann sich der Sachverständige nicht auf eine ergänzende Vertragsauslegung bzw eine Anpassung des Vertrages nach § 313 BGB berufen.

 

Tenor

1. Die Entschädigung des Antragstellers für die Erstellung des Gutachtens vom 03.06.2020 bezüglich des N. K. wird auf

1.169,18 €

(i. W. Eintausendeinhundertneunundsechzig Euro, 18 Cent)

festgesetzt.

2. Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Im Hauptsacheverfahren, in dem die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung umstritten ist, wurde der Antragsteller gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens nach Untersuchung des Klägers beauftragt.

Der Antragsteller, der beim SG Mainz einen Vertrag nach § 14 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) besitzt, macht neben dem Honorar für die Begutachtung auch einen Zuschlag für einen erhöhten Hygieneaufwand veranlasst durch die COVID-19-Pandemie geltend. Hierzu beruft er sich auf eine analoge Anwendung der Nr. 245 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Nach den Abrechnungsempfehlungen zur Berechnung von ärztlichen Leistungen der Bundesärztekammer, des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder können mit dieser Analog-Ziffer erhöhte Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie bis zum 2,3 fachen Satz i.H.v. 14,75 € berechnet werden. Die Ziffer ist einmal je Sitzung und nur bei einem unmittelbaren persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt berechnungsfähig. Sie gilt rückwirkend vom 09.04.2020 bis zum 30.09.2020.

Der Sachverständige setzt den erhöhten Hygieneaufwand Nr. A245GOÄ mit 6,41 € an, zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 19 % ergibt sich ein Gesamtbetrag von 7,63 €, der streitig ist.

Die mit der Angelegenheit befasste Kostenbeamtin lehnte eine entsprechende Entschädigung ab. Die GOÄ finde nur im Rahmen des § 10 Abs. 2 JVEG Anwendung, wenn es sich um eine Leistung handele, die in Abschnitt O der GOÄ oder nach Vorbemerkung 4 Abs. 2 Satz 1 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG aufgeführt sei, wenn es sich um Leistungen nach Abschnitt III 13 GOÄ handele. Insgesamt sehe das JVEG keine Vergütung des beantragten Hygienezuschlags vor.

Der Antragsteller hat hiergegen Erinnerung eingelegt, der nicht abgeholfen worden ist, und anschließend einen Antrag nach § 4 Absatz 1 JVEG auf richterliche Festsetzung gestellt.

II.

Auf den zulässigen (§ 4 Abs. 1 JVEG) Antrag auf richterliche Festsetzung ist die Entschädigung des Antragstellers für sein dem Sozialgericht Mainz am 04.06.2020 zugegangenes Gutachten vom 03.06.2020 auf insgesamt 1.169,18 € festzusetzen, wie ursprünglich auch von ihm geltend gemacht.

Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch ist die zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Sachverständigen nach § 14 JVEG geschlossene Vereinbarung über die Entschädigung von Sachverständigenleistungen vom 29.07.2004 in der Fassung der Änderungsvereinbarungen vom 14.11.2013, 03.12.2013 und 12.08.2019.

Danach erhält der Sachverständige für jedes vom Gericht geforderte, von ihm erstattete schriftliche Gutachten nach ambulanter oder stationärer Untersuchung ohne Rücksicht auf dessen Umfang und den Zeitaufwand als Entschädigung einen Grundbetrag von 900 €. Damit ist der erforderliche Zeitaufwand abgegolten für vorbereitende Arbeiten, Erhebung der Vorgeschichte, körperliche Untersuchung, Auswertung, Beurteilung und Zusammenfassung aller für die Beantwortung des Beweisthemas erheblichen Fremdbefunde, Abfassung, Diktat und Korrektur des Gutachtens. Im Übrigen erfolgt die Feststellung der Entschädigung nach den gesetzlichen Bestimmungen. Dabei ist insbesondere auf die in § 10 JVEG und § 12 JVEG getroffenen Regelungen sowie auf die im Abschnitt 2 enthaltenen gemeinsamen Vorschriften über Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG) und Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG) hinzuweisen (IV. der Vereinbarung).

Die Vereinbarung ersetzt insoweit die §§ 8 ff. JVEG. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG würde der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist, erhalten. Medizinische und psychologische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 JVEG für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 65,00 €, 75,00 € oder 100,00 €, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 des JVEG zuzuordnen ist. § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG bestimmt in...

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