Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der fiktiven Terminsgebühr bei sinngemäß abgegebenem Anerkenntnis und dessen Annahme

 

Orientierungssatz

1. Bei einem Streit lediglich um eine etwaige Untätigkeit der Behörde ist eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 125.- €. angemessen.

2. Die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG entsteht auch dann, wenn die klageweise verfolgte Forderung während des laufenden Rechtsstreites erfüllt wird und sich deshalb der Rechtsstreit erledigt. In diesem Fall entspricht die Interessenlage derjenigen bei einem angenommenen Anerkenntnis.

3. Hat der Beklagte dem Klagebegehren entsprochen oder auf andere Weise zu verstehen gegeben, dass er der Klage entsprochen hat, so hat er sinngemäß ein Anerkenntnis abgegeben. Hat der Kläger dieses Anerkenntnis auch angenommen, so ist hierdurch die Gebühr nach Nr. 3106 VV RVG ausgelöst worden.

4. Die Höhe der fiktiven Terminsgebühr liegt in einem solchen Fall deutlich unter der Mittelgebühr und erscheint in Höhe von 40.- €. als angemessen.

 

Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführerin, Kostenschuldnerin und Beklagten vom 06. Mai 2009 gegen den Kostenansatz der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 22. April 2009 - S 30 AS 1068/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die Erinnerungsführerin, Kostenschuldnerin und Beklagte (im Folgenden nur: Kostenschuldnerin) wendet sich gegen den Ansatz der Höhe der Verfahrensgebühr sowie gegen den Ansatz der Terminsgebühr im Rahmen des Kostenansatzes der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle anlässlich der der Klägerin für das vorangegangene Klageverfahren - S 30 AS 1068/08 - gewährten Prozesskostenhilfe (PKH). In diesem Verfahren stritten die Beteiligten um die Untätigkeit der Kostenschuldnerin im Rahmen der Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Das Verfahren erledigte sich durch die Erklärung der Kostenschuldnerin, die in ihrem Schriftsatz vom 23. Dezember 2008 mitgeteilt hat, dem Begehren durch den Erlass eines Bescheides vom 23. Dezember 2008 entsprochen zu haben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in seinem Schriftsatz vom 09. Januar 2009 erklärt, das Anerkenntnis der Kostenschuldnerin zur Erledigung des Rechtsstreits anzunehmen.

Die Erinnerung, über die gemäß § 59 Abs. 2 S. 4 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG) i. V. m. § 66 Abs. 6 S. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) das Gericht entscheidet, bei dem die Kosten angesetzt sind, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Kostenbeamtin hat ihrem Kostenansatz zu Recht eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 125,00 € (dazu unter 1.) sowie eine Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 40,00 € (dazu unter 2.) zugrunde gelegt.

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.

Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, da...

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