Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Erbschaft. Abgrenzung von Einkommen und Vermögen

 

Leitsatz (amtlich)

Erbschaft ist Einkommen.

 

Orientierungssatz

Einkommen iS von § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 ist alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält, Vermögen iS von § 12 Abs 1 SGB 2 ist das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat.

 

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Erbschaft als Vermögen oder Einkommen zu berücksichtigen ist.

Die Antragstellerin stand im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II).

Der Antragstellerin wurden von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13.07.2006 für den Zeitraum 01.08.2006 bis 31.01.2007 Leistungen in Höhe von monatlich 334,88 € bewilligt. Dies waren die Leistungen aus der Regelleistung und der Kosten der Unterkunft und Heizung. Es wurde dabei ein Einkommen der Antragstellerin berücksichtigt.

Im September 2006 erhielt die Antragstellerin eine Erbschaft in Höhe von 5.469,33 €.

Mit Bescheid vom 20.09.2006 hob daraufhin die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung ab dem 01.09.2006 auf.

Gleichzeitig wurde für den Monat September der zuvor bewilligte Betrag in Höhe von 334,88 € zurückgefordert. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Antragstellerin mit der erzielten Erbschaft ihren Bedarf für 16 Monate selber decken könne. Die Erbschaft sei ab September zu berücksichtigen. Die für den Monat September erbrachte Leistung sei deswegen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) zurückzufordern.

Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch am 26.09.2006. Das Erbe sei als Vermögen anzusehen, damit stehe ihr gemäß § 12 SGB II pro Lebensjahr ein Freibetrag von 200,00 € und ein weiterer Freibetrag für die einmalige Anschaffung diversen Bedarfs in Höhe von 750,00 € zu. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin widerspräche dem Gesetz.

Mit einem weiteren Schreiben vom 22.01.2007 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin zu einer Entscheidung auf.

Die Antragsgegnerin entschied daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2007, dass der Widerspruch zurück gewiesen wurde. Die Erbschaft sei als Einkommen gemäß § 11 SGB II zu werten, da als Einkommen all das zu werten sei, was jemand während der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhalte.

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 14.02.2007 Klage. Gleichzeitig ersuchte sie das Gericht um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Sie ist der Ansicht, die Erbschaft sei als Vermögen zu werten, mit der Folge, dass ihr Freibeträge zustünden.

Die Antragstellerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 14.02.2007 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2007 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, bei der Erbschaft handele es sich um Einkommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

II. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gemäß Satz 2 kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn der Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen worden ist.

Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt wird. Ist die in der Hauptsache zulässige Klage hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten der Klage nicht abschließend zu beurteilen, erfolgt eine allgemeine Interessenabwägung (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 86b Rz. 12c ff.).

Unter diesen Voraussetzungen ist die aufschiebende Wirkung der Klage vom 14.02.2007 nicht anzuordnen, denn die in der Hauptsache zulässige Anfechtungsklage hat keine Aussicht auf Erfolg.

Zunächst entfaltet die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt diese aufschiebende Wirkung, in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Gemäß § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Eine Klage gegen die Entsch...

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