Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an einen Schiedsspruch

 

Orientierungssatz

Zu den verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die Festsetzung des Punktwerts und der Hausbesuchspauschalen als Vergütung ambulanter Pflegeleistungen durch Schiedsspruch.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2009; Aktenzeichen B 3 P 3/08 R)

 

Tenor

Der Beschluss vom 12.10.2004 und der Beschluss vom 06.03.2006 sowie der Kostenbeschluss vom 10.12.2004 werden bezüglich der Beigeladenen zu 1) - 4) aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Schiedsantrag der Beigeladenen zu 1) - 4) vom 07.05.2004 (Az: 01/04 (89[3] SGB XI) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte zu 1/2; die weitere Hälfte tragen die Beigeladenen zu 1) - 4) als Gesamtschuldner.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Festsetzung des Punktwerts und der Hausbesuchspauschalen als Vergütung ambulanter Pflegeleistungen.

Die Beigeladenen zu 1) - 4) betreiben jeweils einen durch Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI zugelassenen Pflegedienst für ambulante Pflegeleistungen. Mit den Klägern und dem Beigeladenen zu 5) als örtlichem Sozialhilfeträger schlossen die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) zuletzt mit Wirkung ab 01.03.2000 eine Vergütungsvereinbarung ab. Der Punktwert betrug 0,074 DM, die Hausbesuchspauschale Leistungskomplex (LK) 15 war mit 3,00 DM und die erhöhte Hausbesuchspauschale LK 15 a mit 8,00 DM vereinbart worden. Die Vereinbarungen galten jeweils bis 31.12.2000. Die Beigeladene zu 3), eine GbR, welche infolge Gesellschafterwechsels ab Januar 2001 einen neuen Versorgungsvertrag erhalten hatte, rechnete in der Folgezeit gleichfalls nach dem Punktwert von 0,074 DM sowie 3,00 DM für LK 15 und 8,00 DM für LK 15 a ab, welche auch schon für die GbR in der früheren personellen Konstellation vereinbart worden war.

Im April 2003 forderten die Beigeladenen zu 1) - 4) die Klägerin zu 4) zur Vergütungsanpassung auf und übersandten die Angaben im vereinfachten Nachweisverfahren. Für die Kläger wurde daraufhin ein Punktwert von 3,9 Cent sowie 1,53 € für LK 15 und 4,09 Euro für LK 15 a geboten. Die Beigeladenen zu 1) - 4) wiesen das Angebot als nicht der tatsächlichen Kostenentwicklung entsprechend zurück und forderten einen Punktwert von 4,2 Cent. Auch hätten die Beigeladenen im flächenmäßig großen Kreis N erheblich größeren Kostenaufwand hinsichtlich der Fahrtkosten im Vergleich zu Pflegediensten in städtischen Gebieten. Den Grundsatz der Beitragsstabilität erachteten die Beigeladenen nicht als einschlägig. Bezüglich der aktuellen Grundlohnsummensteigerung wurde hervorgehoben, dass alle Lohnsummensteigerungen seit der letzten Anpassung zu berücksichtigen seien und für die Zeit ab 2000 einen Wert von 4.020 € ergäben. Klägerseits wurde auf die Rechtsprechung des BSG zur Vergütung stationärer Pflegeleistungen (Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R) mit der Feststellung von Marktpreisen, eine Aufstellung der Vergütungssätze zugelassener Pflegedienste im Kreis N verwiesen und das sogenannte "vereinfachte Nachweisverfahren" nur für pauschale Vergütungserhöhungen als ausreichend erachtet. Die Beigeladenen wandten hierzu ein, der geforderte Punktwert liege in der Bandbreite der Vergütungssätze im Kreis Neuss zwischen 3,579 und 4,2 Cent. Nachdem die Kläger im Dezember 2003 ein verbessertes Angebot unter Hinweis auf die im Kreis N bestehenden Marktpreise ablehnten, wurde am 07.05.2004 die Beklagte mit einer Forderung von 4,2 Cent als maximal zulässigem Punktwert sowie 1,70 € für LK 15 und 4,50 € für LK 15 a angerufen. Unter Wiederholung früheren Vorbringens wurden Statistiken zur allgemeinen Entwicklung der Kosten im Personal- und Kfz-Bereich vorgelegt, die zusammenfassend eine Kostensteigerung im Personalbereich von 2000 bis 2003 von durchschnittlich 7,5 % und im Verbraucherkostenindex von 5 % ergäben. Auch zeige eine betriebswirtschaftliche Kalkulation, dass mit dem derzeitigen Vergütungssatz im Bereich der Pflegeversicherung negative Betriebsergebnisse erwirtschaftet würden und selbst mit einer Punktwertanhebung auf 4,2 Cent eine Kostendeckung um 0,2 % verfehlt werde. Die Kläger erläuterten die angebotenen Steigerungen zwischen effektiv 2,74 bis 3,04 % und hielten für zweifelhaft, dass der Bereich der Pflegeversicherung das Betriebsergebnis negativ beeinflusst habe wegen des insgesamt positiven Abschlusses aufgrund der erstmals im Schiedsverfahren eingebrachten betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Außerdem wurde die Forderung eines Maximalpunktwertes angesichts des gesetzlich vorgesehenen Preisvergleichs nach Vergleichslisten gemäß § 7 Abs. 3 SGB XI abgelehnt. Demgegenüber erläuterten die Beigeladenen ihre Auffassung, ein Maximalwert erlaube, Mitbewerber mit einem niedrigeren Punktwert (z.B. von 3,6 Cent) zu unterbieten und fördere den Wettbewerb.

Aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12.10.2004 setzte die Beklagte für die Beigeladenen zu 1) - 4) den Punktwert auf 4,2 Ce...

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