Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht der Arbeitnehmerüberlassung: Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Überprüfung der Zuverlässigkeit des Verleihers bei Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Zulässigkeit der Führung eines Arbeitszeitkontos für einen Leiharbeitnehmer. Berücksichtigung einer Entsendezulage bei der Ermittlung des Stundenlohns eines Leiharbeitnehmers

 

Orientierungssatz

1. Auch bei einer Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ist jeweils zu prüfen, ob der Leiharbeitgeber die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

2. Fehlt es an einem Tarifvertrag, der das Führen von Arbeitszeitkonten gestattet, kann bei einem Leiharbeitnehmervertrag für geleistete Mehrarbeit kein Arbeitszeitkonto eingerichtet warden. Vielmehr muss die Mehrarbeit mit der im Folgemonat auszuzahlenden Vergütung ausgeglichen werden. Wird dennoch ein Arbeitszeitkonto geführt, stellt dies einen Verstoß gegen die Vorgaben zum Mindeststundenentgelt und zum Garantielohn dar, der Zweifel an der Zuverlässigkeit des Leiharbeitgebers begründet.

3. Wird für einen Leiharbeitnehmer eine Entsendezulage gezahlt, kann diese bei der Ermittlung der Höhe des Einkommens und damit der Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns nur insoweit berücksichtigt werden, wie die Zulage nicht als Aufwendungsersatz geleistet wird. Muss der Leiharbeitnehmer für Verpflegungskosten für die Dauer der Entsendung selbst aufkommen, sind die dazu notwendigen Ausgaben aus der Zulage herauszurechnen. Bei einer Entsendung in das Bundesgebiet sind für die Höhe dieses Abzugs die im deutschen Steuerrecht enthaltenen Regelung zur Berücksichtigung von Verpflegungsausgaben zugrunde zu legen.

 

Tenor

1. Der Eilantrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Erteilung einer Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung nach § 3 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).

Die Antragstellerin ist eine haftungsbeschränkte Kapitalgesellschaft litauischen Rechts mit Geschäftssitz in … Sie betreibt ein Unternehmen zur Erbringung von Personaldienstleistungen im Speditionsgewerbe. Seit Januar 2014 wurden der Antragstellerin von der Antragsgegnerin befristete Erlaubnisse zur Arbeitnehmerüberlassung für den Verleih von Berufskraftfahrern erteilt, zuletzt mit Bescheid vom 28. Dezember 2017 bis zum 7. Januar 2019.

In den Jahren 2015 und 2017 fanden bei der Antragstellerin Prüfungen der Geschäftstätigkeit statt; die Antragsgegnerin monierte insbesondere Verstöße gegen den Gleichstellungsgrundsatz sowie die Mindestlohnbestimmungen. So enthielt der Bewilligungsbescheid der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015 dahingehend eine Auflage, dass die Antragstellerin durch Vorlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags nachzuweisen habe, inwieweit die Antragstellerin ihren Mitarbeitern die wesentlichen Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer im Entleihbetrieb gewähre. Bei Überprüfung der Geschäftstätigkeit am 10. Dezember 2015 habe nämlich nicht festgestellt werden können, ob die Antragstellerin ihrer Verpflichtung nach § 10 Abs. 4 AÜG nachkomme und den Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die in dem Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewähre. Des Weiteren habe es Beanstandungen hinsichtlich nicht näher dokumentierter, längerer Fehlzeiten einzelner Arbeitnehmer gegeben. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass Leiharbeitnehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung auch für Zeiten hätten, in denen sie mangels Einsatzmöglichkeiten nicht überlassen werden könnten. Schließlich werde betont, dass es in den geprüften Fällen zu Unterschreitungen des Mindeststundenentgelts nach § 3a AÜG gekommen sei. Um den Bestand der Erlaubnis für die Zukunft nicht zu gefährden, gehe die Antragsgegnerin davon aus, dass die Antragstellerin die arbeitsrechtlichen Vorschriften künftig beachten und umsetzen werde. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 6. Oktober 2016, ihr eine unbefristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu bewilligen, bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Bescheid vom 4. Januar 2017 eine befristete Erlaubnis bis zum 7. Januar 2018. Zur näheren Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass der Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Erlaubnis abgelehnt werde, da bei der Überprüfung der Geschäftstätigkeit diverse Mängel festgestellt worden seien, die eine unbefristete Erlaubniserteilung nicht zuließen. Diese Mängel beträfen insbesondere Angaben zu der Frage, ob den Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die in dem Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewährt würden. Dies sei anhand der eingereichten Unterlagen nicht festzustellen gewesen. Anhand der Lohnabrechnungen der Mitarbeiter sei festgestellt worden, das...

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