Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Nach diesen Grundsätzen ist auch bei dem Geschäftsführer einer GmbH zu entscheiden, der an deren Kapital beteiligt ist.

3. Allein eine Kapitalbeteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers von wenigstens 50 % am Stammkapital der GmbH schließt eine abhängige Beschäftigung aus. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter aufgrund einer treuhänderischen Bindung in der Ausübung der Gesellschaftsrechte vollständig eingeschränkt ist (BSG Urteil vom 25. 1. 2006, B 12 KR 30/04 R).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.05.2020; Aktenzeichen B 12 KR 30/19 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der versicherungsrechtliche Status der Klägerin als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beigeladen im Streit.

Im Zeitraum vom 15. Juli 2013 bis 4. Dezember 2013 führte die Beklagte bei der Beigeladenen eine den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 betreffende Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) durch. Dabei wurde festgestellt, dass die durch notariellen Vertrag vom 31. Dezember 2008 gegründete Beigeladene über ein Stammkapital von 25.000,00 € verfügte, von dem die Klägerin zumindest ausweislich des Gesellschaftervertrages einen Nennbetrag i.H.v. 17.500,00 € erhielt, also i.H.v. 70 vH des Stammkapitals der Beigeladenen. Die weiteren 7.500,00 € und damit die restlichen 30 vH des Stammkapitals waren von ihrem Sohn E. A. gehalten worden, wobei der Ehemann der Klägerin, D. A., ebenfalls bereits seit 1. Januar 2009 bei der Beigeladenen in Vollzeit beschäftigt war und dann im weiteren Verlauf die Klägerin schließlich im Januar 2012 als Geschäftsführerin der Beigeladenen abgelöst hatte. Dabei war die Klägerin von Beginn ihrer Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beigeladenen als versicherungs- und beitragspflichtige Arbeitnehmerin im Rahmen einer Vollzeittätigkeit geführt worden, wobei die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beigeladene auch über den Januar 2012 hinaus als solche fortgeführt hatte.

Beide vorgenannten Gesellschafter hatten schließlich gegenüber der Beklagten in von ihnen unter dem 9. August 2013 unterschriebenen Feststellungsbögen darüber hinaus jeweils die Frage verneint, ob das Stimmrecht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zugunsten eines Dritten ausgeübt werde. Im Gesellschaftsvertrag vom 30. Dezember 2008 war darüber hinaus zur Fassung von Gesellschafterbeschlüssen unter anderem geregelt, dass, soweit nicht das Gesetz zwingend oder der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vorsehen würden, die Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Gesellschaft durch Beschlussfassung mit der Mehrheit der Stimmen aller Gesellschafter entscheiden würden, wobei nur mit 75 vH der Stimmen aller Gesellschafter beschlossen können werden sollte die Auflösung der Gesellschaft und Beschlüsse gemäß den §§ 6,7 und 8 des Gesellschaftsvertrages. § 6 regelt dabei, dass die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer hat und die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie deren Befreiung vom Geschäftsführerwettbewerbsverbot durch Gesellschafterbeschluss erfolgt. § 7 regelt sodann die Vertretung der Gesellschaft, § 8 die Geschäftsführung.

Nachdem die Klägerin ausweislich des Gesellschaftsvertrages mehr als 50 vH des Stammkapitals der Beigeladenen hielt und die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Beigeladene bisher dennoch als in der Sozialversicherung versicherungs- und beitragspflichtig geführt worden war, entstand schließlich im Rahmen der Betriebsprüfung zwischen den Beteiligten Streit über diesen Status, da die Klägerin insoweit als Mehrheitsgesellschafterin fungierte, gleichzeitig dann entgegen ihren Angaben im Feststellungsbogen vom 9. August 2013 aber im Weiteren auch wiederum geltend gemacht hatte, tatsächlich allein über einen Nennbetrag am Stammkapital in Höhe von 10.000,00 € verfügen zu können, da sie über den weiteren Anteil von 7.500,00 € nur treuhänderisch verfügen könne. Insoweit war auf einen zwischen ihr und ihrem Ehemann D. A. unter dem 5. Dezember 2008 geschlossenen - nicht notariellen - Treuhandvertrag verwiesen worden, der folgenden Wortlaut hatte:

"Regelungsgegenstand

Treuhänder beabsichtigt schnellstmöglichst die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter H...

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