Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Unterkunft und Heizung. Unterkunftskosten. selbst genutztes Wohneigentum. dauernde Lasten. Berücksichtigung von Schuldzinsen und Tilgungsraten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kosten der Unterkunft für ein selbstgenutztes Eigenheim (Eigentumswohnung oder Haus) sind die Aufwendungen, die der Hilfesuchende als mit dem Eigentum unmittelbar verbundenen Lasten zu tragen hat.

2. Darlehenszinsen gehören dann zu diesen Lasten nur, wenn der Hilfesuchende die Darlehen zum Erwerb oder der Instandsetzung des Grundeigentums aufgenommen hat.

3. Tilgungsraten gehören dagegen grundsätzlich nicht zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, es sei denn, es geht um die Erhaltung von Wohneigentum, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Sozialhilfeleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist.

 

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Hauptsacheverfahrens S 1 SO 3310/15 wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung ratenfreier Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 1 SO 3310/15. In diesem streiten die Beteiligten um die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft aus Mitteln der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 01.11.2014 bis zum 31.10.2015.

Der 1949 geborene Kläger bezog bis zum 31.10.2014 vom Jobcenter Stadt K. Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Bescheid vom 03.04.2014). Seit dem 01.11.2014 erhält er von der Deutschen Rentenversicherung eine Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Bescheid vom 05.08.2014). Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt; außerdem sind ihm die Nachteilsausgleiche “G„, “B„, “H„, “RF„ und “Bl„ zuerkannt (Schwerbehindertenausweise des Landratsamts K. vom 10.11.2010 sowie Bescheid vom 11.11.2014). Von der Beklagten erhält er außerdem seit Oktober 2012 Leistungen nach dem Blindenhilfegesetz Baden-Württemberg (Bescheide vom 16.01. und vom 08.04.2013).

Der Kläger bewohnt im Anwesen H. Ring xx, K., eine 3-Zimmer-Eigentumswohnung mit rund 77 m² Wohnfläche. Das Anwesen hatte er eigenen Angaben zufolge Anfang der 1980er Jahre gebaut und die im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnungen später an Dritte veräußert.

Auf seinen Antrag vom 18.09.2014 bewilligte die Beklagte ihm ab dem 01.11.2014 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII. Als Kosten der Unterkunft berücksichtigte sie bei der Bedarfsberechnung monatliche Aufwendungen für Hausgeldzahlungen in Höhe von 180,00 € sowie die monatliche anteilige Grundsteuer in Höhe von 16,97 €. Vom Kläger außerdem geltend gemachte Schuldzinsen aus zwei Darlehensverträgen mit der Sparkasse K. könne sie nicht als weitere Kosten der Unterkunft anerkennen, weil diese Aufwendungen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung stünden. Denn die Darlehen habe der Kläger erst im Jahr 1993 und zudem zur Finanzierung eines anderen Anwesens aufgenommen. Tilgungsbeiträge für Darlehen seien ebenfalls nicht als Kosten der Unterkunft berücksichtigungsfähig, weil Sozialhilfeleistungen der Sicherung des aktuellen Existenzminimums und nicht der Vermögensbildung dienten (Bescheid vom 25.11.2014).

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, der Beklagte verneine zu Unrecht einen Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und seiner Eigentumswohnung. Denn die Darlehen seien über Grundschulden auf dieser Wohnung dinglich gesichert. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Im Fall einer Vermietung eines Anwesens und damit der Erzielung von Mieteinkünften wären Schuldzinsen nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie mit der Erzielung der Mieteinnahmen notwendig verbunden seien. Eine solche notwendige Verbundenheit bestehe bei einem dem Erwerb bzw. Bau eines Anwesens 13 Jahre später nachfolgenden Darlehen nicht (Widerspruchsbescheid vom 19.08.2015). Die deswegen am 17.09.2015 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage (S 1 SO 2997/15) nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 10.11.2015 zurück.

Durch Bescheid vom 27.08.2015 hob die Beklagte den Bescheid vom 25.11.2014 auf und setzte die Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.11.2014 bis zum 31.10.2015 unter Berücksichtigung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.11.2014, einer Änderung des Beitrags zur Krankenversicherung ab dem 01.12.2014, der Erhöhung des Regelsatzes ab dem 01.01.2015 und Änderungen der Höhe der Altersrente des Klägers ab dem 01.03. und erneut ab dem 01.07.2015 neu fest. Als Kosten der Unterkunft berücksichtigte sie weiterhin allein die monatlichen Hausgeldzahlungen von 180,00 € sowie anteilige Grundsteueraufwendungen von 16,97 €. Den dagegen erhobenen, jedoch nicht begründeten Widerspruch wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.09.2015).

Deswegen hat der Kläger am 13.10.2015 Klage zum Sozialgericht ...

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