Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Erwerbseinkommen. Freibeträge nach Anzahl der Beschäftigungsmonate. Lohnvorschuss. anteilige Aufteilung der Freibeträge nach dem Verhältnis des anteiligen Bruttolohns zum Gesamtbruttolohn

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlt der Arbeitgeber einen Lohnvorschuss im Monat vor Fälligkeit der Lohnzahlung, ist der Grund- und Erwerbstätigenfreibetrag nicht gesondert von dem Bruttowert des Vorschusses und nochmals von dem der Restzahlung zu berechnen und abzusetzen. Die Freibeträge sind ausgehend vom Gesamtbruttolohn des Beschäftigungsmonats zu berechnen und anteilig in den Zuflussmonaten vom Vorschuss und der restlichen Lohnzahlung abzuziehen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit der Klage gegen die endgültige Bewilligung des Beklagten und Rückforderung vorläufig gewährter Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum 1. September 2012 bis 28. Februar 2013.

Die Kläger, die schon seit geraumer Zeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beziehen, beantragten am 2. August 2012 die Fortzahlung dieser Leistungen.

Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 21. August 2012 vorläufig entsprechende Leistungen vom 1. September 2012 bis 28. Februar 2013 in monatlich unterschiedlicher Höhe, weil keine Nachweise zum Einkommen (Arbeitsentgelt, Arbeitslosengeld I) eingereicht seien. Der Beklagte berücksichtigte zunächst ein Durchschnittseinkommen aus den Monaten Februar bis Juni 2012 und verpflichtete die Kläger, bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes Nachweise zum Einkommen einzureichen.

Die anwaltlich vertretenen Kläger erhoben gegen die vorläufige Bewilligung Widerspruch, ohne diesen zu begründen.

Der Arbeitgeber des Klägers zu 2) stellte zum September 2012 den Zahlungstermin für den Lohn um. Statt den Lohn am Ende des Beschäftigungsmonats zu zahlen, zahlte er den Lohn zukünftig zur Mitte des Folgemonats. Um die sechswöchige Lücke zwischen der letzten Zahlung im August 2012 und der folgendem am 15. Oktober 2012 aufzufangen, wollte der Arbeitgeber für den Monat September 2012 einen Abschlag in Höhe von 50 Prozent des Gesamtbruttobetrages der Lohn- bzw. Gehaltszahlung für den Monat August 2012 als Vorauszahlung gewähren. Die Verrechnung sollte mit der Lohnzahlung im Oktober 2012 erfolgen.

Der Kläger zu 2) erhielt tatsächlich letztmalig im Monat August 2012 seinen Lohn am Monatsende. Für September 2012 erhielt er im September 2012 einen Abschlag in Höhe von 416,46 Euro netto (523,69 Euro brutto) ausgezahlt. Im Monat Oktober 2012 erhielt er unter Anrechnung des Abschlages seinen restlichen Lohn in Höhe von 554,12 Euro netto (648,38 Euro brutto). Das Gehalt für den Monat Oktober 2012 erhielt er zur Monatsmitte des Novembers 2012 ausgezahlt.

Nach Aufforderung zur Nachreichung von weiteren Unterlagen erließ der Beklagte am 17. Dezember 2012 und 24. Januar 2013 je einen vorläufigen Änderungsbescheid. Er legte ein aktueller berechnetes Durchschnittseinkommen zugrunde und berechnete die Leistungen nunmehr unter Einschluss des 2012 geborenen Kindes J., korrigierte die Bewilligung des Mehrbedarfes für Schwangere von ursprünglich bis 12. November 2012 auf den 14. November 2012 und rechnete das ab dem 1. Februar 2013 gewährte Elterngeld als Einkommen ab dem 1. Februar 2013 an.

Die Kläger reichten schließlich am 5. April 2013 die noch fehlenden Lohnabrechnungen des Klägers zu 2) für den Bewilligungszeitraum beim Beklagten ein.

Danach ergingen am 22. April 2013 insgesamt fünf "Änderungsbescheide" an jeden Kläger gesondert, in denen jeweils Rückforderungen geltend gemacht wurden. Für den Monat September 2012 gewährte der Beklagte nunmehr statt insgesamt 876,69 Euro insgesamt 1.018,74 Euro. Für den Monat Oktober 2012 gewährte der Beklagte nunmehr statt 919,13 Euro insgesamt 955,15 Euro insgesamt. Dabei berücksichtigte der Beklagte den Monatslohn des Klägers zu 2) für September 2012 so, dass er den vollständigen Monatslohn, d.h. Abschlag und Restzahlung zusammen, insgesamt um den Grundfreibetrag (100 Euro) und den Freibetrag für die Erwerbstätigen (197,21 Euro) bereinigte. Für die Monate September und Oktober 2012 berücksichtigte er diesen Gesamtfreibetrag anteilig im Verhältnis des anteiligen Bruttobetrages zum Gesamtbruttobetrag. Für die Monate ab dem Monat November 2012 errechnete der Beklage Überzahlungen, die er jeweils unter Saldierung mit den höheren Leistungsansprüchen von den Klägern individuell erstattet verlangte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 23. Mai 2013 haben die Kläger bei dem hiesigen Gericht Klage erhoben. Diese haben sie schließlich damit begründet, dass eine falsche Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 2) stattgefunden habe. Für die Monate September 2012 und Oktobe...

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