Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigungspflicht des Unfallversicherungsträgers für einen als Unternehmer Tätigen

 

Orientierungssatz

1. Nach § 7 Abs. 4 S. 1 SGB 4 wird bei Personen, die erwerbsmäßig tätig sind und

a) im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,

b) regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind,

c) für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen erbringen oder

d) nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftreten,

vermutet, dass sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, wenn mindestens zwei der genannten Merkmale vorliegen.

2. In § 105 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 1 und § 106 Abs. 3 i. V. m. § 105 Abs. 2 und 1 regelt das SGB 7 Fallkonstruktionen, nach denen ausnahmsweise auch ein Unfall eines Unternehmers, der nicht Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung ist, unter besonderen Voraussetzungen gleichwohl unter Unfallversicherungsschutz steht.

3. § 106 Abs. 3 SGB 7 setzt in der 3. Alternative voraus, dass Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten. Ist dies der Fall, so gelten die §§ 104 und 105 SGB 7 für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander. In den unfallversicherungsrechtlichen Schutz des § 106 Abs. 3 SGB 7 sind nicht nur Versicherte, sondern auch nicht versicherte Unternehmer einbezogen.

4. Hat sich der Arbeitsunfall auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ereignet, so steht der Unfall des unternehmerisch Tätigen einem versicherten Arbeitsunfall gleich und führt zu einem Leistungsanspruch gegenüber dem Unfallversicherungsträger. Dies gilt nach § 105 Abs. 2 S. 2 SGB 7 nur dann nicht, wenn eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer zivilrechtlich ausgeschlossen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.01.2007; Aktenzeichen B 2 U 6/06 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 06.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2000 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, den Unfall vom 30.06.1999 als Arbeitsunfall anzuerkennen und in gesetzlichem Umfange zu entschädigen.

2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung und Entschädigung eines Unfalles als Arbeitsunfall.

Der 1964 geborene Kläger hat von 1979 bis 1982 den Beruf des Stuckateurs erlernt und anschließend ausgeübt. Nach erfolgreichem Absolvieren der Meisterschule vom 05.09.1994 bis 09.06.1995 war er vom 10.06.1995 bis 31.03.1999 als Stuckateurmeister im Angestelltenverhältnis tätig. Neben dieser nicht selbständigen Beschäftigung war er seit 02.09.1996 nebenberuflich selbständig tätig als Alleinunternehmer und verrichtete Stuckateur-, Putz- und Fließestricharbeiten (Gewerbeanmeldung vom 02.09.1996; Eintragung in der Handwerksrolle mit dem Stuckateurhandwerk seit 12.09.1996). Hinsichtlich der ab der Eröffnung des Unternehmens am 02.09.1996 bestehenden satzungsmäßigen Unternehmerpflichtversicherung beantragte der Kläger am 14.10.1996 die Befreiung von der Unternehmerpflichtversicherung. Diesem Antrag entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 15.11.1996 und stellte darin fest, dass die persönliche Versicherung des Klägers zum 02.09.1996 endet. In dem Bescheid ist weiterhin ausgeführt, der Kläger sei ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten versichert. Versicherungsschutz könne er jederzeit wieder schriftlich beantragen.

Nach Aufgabe seiner hauptberuflichen Arbeitnehmertätigkeit zum 31.03.1999 und Bestehen von Arbeitslosigkeit im April 1999 hat sich der Kläger bei der Kreishandwerkerschaft in Fulda als nunmehr hauptberuflicher Selbständiger gemeldet. Nach dem Schreiben der Handwerkskammer Kassel vom 03.08.1999 wurde sie auf Mitteilung der Kreishandwerkerschaft Fulda vom 01.03.1999 darüber unterrichtet, dass der Kläger seine hauptberufliche Arbeitnehmertätigkeit zum 31.03.1999 aufgegeben habe. Gleichzeitig bat die Kreishandwerkerschaft Fulda um Berichtigung der Handwerksrolleneintragung und um Aufhebung der Beschränkung "hauptberuflich Arbeitnehmer". Dies sei durch Ausstellung einer neuen Handwerkskarte geschehen. Einen schriftlichen Antrag auf Wiedereintragung der Unternehmerpflichtversicherung - nach erfolgter Befreiung mit Bescheid vom 15.11.1996 - erfolgte nicht. Ab Mai 1999 war der Kläger als selbständiger Allein-Unternehmer tätig, überwiegend für Privatkundschaft. Bei den Estrich- und Putzarbeiten wurde nach den Angaben des Klägers grundsätzlich auf Quadratmeterbasis abgerechnet. Umgerechnet auf Stundenlohn entsprach das ca. 60 DM/Stunde.

Am Unfalltag, dem 30.06.1999, half der Kläger dem Beigeladenen C. C., einem selbständigen Maler- und Lackierermeister in C-Stadt, der zusammen mit vier Beschäftigten Maler-, Verputz- und Fließestricharbeiten ausführte, bei der Durchführung von Außenputzarbeiten bei dem Bauvorhaben D. in D-Stadt. Zum Auftragen/Anspritze...

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