Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Kinderrehabilitation. Familienbegleitung

 

Orientierungssatz

1. Ein Anordnungsgrund im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist gegeben, wenn zur Sicherstellung der medikamentösen Behandlung eines Kindes, das an einer schweren Stoffwechselerkrankung leidet sowie zur Verhinderung von Diätfehlern, die Durchführung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme unter Begleitung durch Familienangehörige erforderlich ist.

2. Dies gilt auch dann, wenn die Rehabilitationsmaßnahme in einer Einrichtung durchgeführt werden muss, die zwar keine Vertragsklinik des Rehabilitationsträgers ist, jedoch glaubhaft dargetan wird, dass die begehrte Einrichtung eindeutig besser zur Durchführung der Maßnahme geeignet ist.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Rehabilitationsmaßnahme in dem Kinder-Rehazentrum X GmbH, X-Straße, X-Stadt für die Zeit vom 21. Juli 2010 bis 17. August 2010 unter vorläufiger Übernahme der Kosten zu gewähren und auch die Kosten für die Unterbringung der Mutter und der Schwester des Antragstellers im gleichen Zeitraum in oben genannter Klinik vorläufig zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I .

Die Beteiligten streiten im Eilverfahren über eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Der Antragsteller begehrt unter Mitnahme seiner Mutter und seiner Schwester als Begleitpersonen einen stationären Kuraufenthalt im Kinder-Rehabilitationszentrum X zwecks Teilnahme an einem Programm für Kinder, die an Phenylketonurie erkrankt sind.

Der 2003 geborene Antragsteller beantragte am 17. Dezember 2009 durch seine gesetzlichen Vertreter bei der Beklagten eine Kinderrehabilitation gem. § 31. Abs. 1 Nr. 4 SGB VI und teilte mit, es sei für die hessischen Schulferien in der Zeit vom 21. Juli bis 17. August 2010 bei dem “Kinder-Rehazentrum X„, das auf die Stoffwechselstörung Phenylketonurie spezialisiert sei, eine Vorab-Reservierung getätigt worden. Außerdem legte der Antragsteller seinen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen “H„ vom 2. Oktober 2003 vor und beantragte die Begleitung durch seine Mutter sowie durch seine Schwester, die durch die Erkrankung des Bruders “Schattenkind„ sei und daher während der Reha Zuwendung brauche. Er legte einen Befundbericht der behandelnden Kinderärztin Dr. P vom 21. Dezember 2009 vor. Durch Bescheid vom 28. Januar 2010 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit der Begründung ab, eine Rehabilitationsbedürftigkeit liege nicht vor, ambulante fachärztliche Behandlung am Wohnort reiche aus. Dagegen erhob der Antragsteller am 25. Februar 2010 unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme des Prof. K vom 22. Februar 2010 Widerspruch und trug vor, es lägen aufgrund der Diät bereits Symptome einer Essstörung vor.

Gegen den zurückweisenden Widerspruchbescheid vom 11. Mai 2010 hat der Antragsteller am 20. Mai 2010 Klage erhoben und am 24. Mai 2010 Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Er legt Bescheinigungen über Kurempfehlungen für andere Kinder mit der gleichen Stoffwechselerkrankung für das Kinder-Rehazentrum X vor. Außerdem legt er ärztliche Stellungnahmen der behandelnden Kinderärztin Dr. P vom 11. Juni 2010 und des Dr. K von der Stoffwechselambulanz des Universitätsklinikums XV. und XX. vom 14. Juni 2010 sowie Unterlagen des Kinder-Rehazentrums X vor und gibt Telefonate mit dem Leiter der gewünschten Klinik und dem Leiter einer von der Beklagten genannten Klinik wieder. Schließlich legt er eidesstattliche Versicherungen vor, dass die Familie nicht in der Lage sei, die Kosten für die vorgesehene Rehabilitationsmaßnahme vorläufig selbst zu tragen und dass eine Betreuungsmöglichkeit für die neunjährige Schwester des Klägers während der Rehabilitationsmaßnahme zu Hause nicht bestehe.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Rehabilitationsmaßnahme in dem Kinder-Rehazentrum X GmbH, X-Straße, X-Stadt für die Zeit vom 21. Juli 2010 bis 17. August 2010 unter vorläufiger Übernahme der Kosten zu gewähren und auch die Kosten für die Unterbringung seiner Mutter und seiner Schwester AL. im gleichen Zeitraum in oben genannter Klinik vorläufig zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Sie trägt vor, ein Rehabilitationsbedarf sei nicht festgestellt worden. Bei der Kinderrehabilitation handele es sich um eine freiwillige Leistung, auf die kein Rechtsanspruch bestehe. Eine ambulante fachärztliche Behandlung sei ausreichend. Auch dürfe die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden, wie es hier der Fall wäre, wenn dem Antrag stattgegeben würde. § 14 SGB IX sei nicht einschlägig, da bei Leistungen zur Kinderrehabilitation Gleichrangigkeit zwischen den gesetzlichen Rentenversicherungen und den gesetzlichen Krankenkassen beste...

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