Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzlicher Ausschluss einer gezahlten Abfindung bei der Beitragsbemessung eines freiwillig Krankenversicherten

 

Orientierungssatz

1. Beitragspflichtige Einnahmen eines freiwillig Krankenversicherten sind nach § 240 SGB 5 i. V. m. § 226 SGB 5 das Arbeitsentgelt, Vorruhestandsgeld, Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen.

2. Eine Abfindungszahlung ist keine mit einer Rente vergleichbare Einnahme; sie stellt eine arbeitsförderungsrechtliche Leistung dar, weil sie dazu dient, einen Arbeitsentgeltausfall aufzufangen. Sie wird weder wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit, noch zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt, vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 1990 - 12 RK 20/88.

3. Bei der Abfindungszahlung handelt es sich um eine zweckbestimmte Leistung, die dazu dient, den Verlust des Arbeitsplatzes zu kompensieren.

4. Solange die Abfindung keinen Arbeitsentgeltanteil, sondern ausschließlich einen sozialen Anteil enthält, ist sie als zweckgebundene Leistung bei der Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags nach § 240 SGB 5 ausgenommen, vgl. BSG, 23. November 1992 - 12 RK 29/92.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 22.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2010 verpflichtet, die seit dem 01.02.2008 an den Kläger von der RWE Rhein-Ruhr AG geleistete monatliche Zahlung in Höhe von 2841,59 Euro bei der Beitragsbemessung unberücksichtigt zu lassen und die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nach der Mindestbemessungsgrundlage gemäß §§ 240 Abs. 4 Satz 1 iVm 243 SGB V festzusetzen und den Differenzbetrag an den Kläger auszuzahlen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine an den Kläger geleistete monatliche Abfindungszahlung von seinem ehemaligen Arbeitgeber aufgrund einer vorzeitigen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses als Versorgungsbezug bei der Beitragsbemessung angerechnet werden kann oder ob diese als Abfindungszahlung anrechnungsfrei bleibt sowie über die Höhe der Beitragsfestsetzung nach dem allgemeinen oder dem ermäßigten Beitragssatz.

Der am 6.9.19xx geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 31.1.2008 freiwillig krankenversichert.

Der Kläger stand vom 1.1.1983 bis zum 31.1.2004 bei der Thyssengas GmbH als Angestellter in einem Arbeitsverhältnis. Aufgrund eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB ging sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 1.2.2004 auf die RWE Rhein-Ruhr AG über. Das Arbeitsverhältnis endete gemäß Aufhebungsvertrag vom 19.12.2003 mit Wirkung zum 30.6.2004 aus betriebsbedingten Gründen. Zum Ausgleich der durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile vereinbarten der Kläger und die RWE Rhein-Ruhr AG eine Abfindung gemäß einer sogenannten 51er-Regelung der Thyssengas GmbH. Hiernach sollte der Kläger eine monatliche Abfindungszahlung bis zum Rentenbeginn, unter Anrechnung von Einkünften aus selbständiger oder nicht selbständiger Beschäftigung sowie Anrechnung weiterer vom Kläger bezogener bzw. zu beziehender sozialversicherungsrechtlicher Leistungen erhalten. Die Abfindungsleistung erhielt der Kläger nach dem Aufhebungsvertrag nur unter der Voraussetzung, dass er sich arbeitssuchend meldete und Arbeitslosengeld beantragte sowie rechtzeitig einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur frühestmöglichen Inanspruchnahme stellte. Wegen des genauen Inhalts des Aufhebungsvertrages vom 19.12.2003 sowie der Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (51er-Regelung) wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (Blatt 29 bis 35) verwiesen.

Nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wechselte der Kläger befristet für zwei Jahre in ein Beschäftigungsverhältnis mit der Transfergesellschaft Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur GmbH (PEAG).

Danach erhielt der Kläger vom 1.4.2006 bis zum 30.1.2008 Arbeitslosengeld I.

Seit dem 1.2.2008 erhält der Kläger von der RWE Rhein-Ruhr AG eine monatliche Abfindungsleistung in Höhe von 2841,59 Euro brutto.

Aus diesem Betrag setzte die Beklagte unter Berücksichtigung des allgemeinen Beitragssatzes die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung gemäß ihrer Satzung vom 1.1.2008 fest.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei der Abfindungsleistung nicht um einen Versorgungsbezug handele, sondern um eine Abfindung, so dass diese Leistung bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden dürfe. Außerdem müsse die Beklagte bei der Beitragsbemessung den ermäßigten Beitragssatz zu Grunde legen, da der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2010 zu verurteilen festzustellen, dass auf das Krankenversicherungsverhältnis des Klägers die Mindestbemessungsgrundlage in Verbindung mit dem ermäßigten Beitragssatz der ...

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