Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unterlassungsklage. kein Anspruch auf Unterlassen der Angabe der Behördenbezeichnung auf den Briefumschlägen im Schriftverkehr des Trägers von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 mit dem Leistungsempfänger

 

Orientierungssatz

Der Träger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 darf nach den sozialdatenschutzrechtlichen Grundsätzen der §§ 67ff SGB 10 in der Korrespondenz mit dem Leistungsempfänger die Behördenbezeichnung auf den Briefumschlägen angeben.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beklagte dem im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - stehenden Kläger Schreiben nur in Briefumschlägen ohne Erwähnung des Namens der Beklagten zusenden darf.

Der 1947 geborene Kläger stand zunächst von März bis Juli 2007 im Bezug von SGB II-Leistungen durch die Beklagte. Nachdem er zwischenzeitlich die Bundesrepublik verlassen hatte, lebte er von März 2008 bis September 2009 in G. Seitdem lebt er wieder in N. Seit März 2008 steht er wieder im laufenden Leistungsbezug.

Bereits zu Beginn des Leistungsbezugs im Jahr 2007 forderte der Kläger von der Beklagten verschiedentlich, dass diese im Absenderfeld ihrer Schreiben an ihn nicht ihre offizielle Bezeichnung, sondern lediglich ein anonymes Postfach angeben solle. Auch sonstige Aufdrucke auf den Briefumschlägen mit der offiziellen Bezeichnung der Beklagten seien zu unterlassen.

Auf einen Eilantrag des Klägers vor dem Sozialgericht - SG - Nürnberg entschiedet dieses mit Beschluss vom 12.09.2007 (S 20 AS 935/07 ER), dass die Angabe der Beklagten als Absender notwendig im Sinne der sozialdatenschutzrechtlichen Bestimmungen sei, da es nur so möglich sei, von einer gescheiterten Zustellung Kenntnis zu erlangen. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Beschwerde wurde vom Bayerischen Landessozialgericht - LSG - mit Beschluss vom 12.11.2007 (L 11 B 872/07 AS ER) zurückgewiesen, da der Kläger kein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht habe.

Am 22.10.2008 hat der Kläger beim SG Nürnberg Klage erhoben.

Das SG Nürnberg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.11.2008 an das erkennende Gericht verwiesen.

Der Kläger beruft sich zur Begründung seiner Klage auf § 35 SGB I. Ein anonymes Postfach bzw. ein Freistempel der Stadt N reiche aus, damit die Beklagte Kenntnis von Zustellungsproblemen erlange.

Der Kläger beantragt wörtlich:

"Die Beklagte wird verurteilt, ab sofort alle Briefsendungen so in neutralen Umschlägen zu versenden, dass kein Außenstehender einen Kontakt eines "Kunden" der ARGE erkennen kann. Das bedeutet auch, dass im Adressfeld keine Hinweise stehen dürfen."

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Leistungsakte verwiesen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klage wird so ausgelegt, dass der Kläger ein Unterlassen der Beklagten speziell ihm gegenüber begehrt. Dass bei Richtigkeit der Argumentation des Klägers die Beklagte generell in seinem Sinn handeln müsste, bedeutet nicht, dass mit der Klage auch ein Handeln oder Unterlassen der Beklagten gegenüber Dritten begehrt wird.

Der Sozialrechtsweg ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 4a Sozialgerichtsgesetz - SGG -, da es um eine Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitsuchende geht. Das Bundessozialgericht - BSG - hat mit Beschluss vom 01.04.2009 (B 14 SF 1/08 R) entschieden, dass ein Rechtsstreit über ein Hausverbot für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende dann in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fällt, wenn ein enger Sachzusammenhang mit den vom Träger wahrzunehmenden Aufgaben besteht. Insofern bestehe eine "Annexkompetenz" (vgl. BSG, a.a.O., Rdnr. 16). Dies ist auf den vorliegenden Fall zu übertragen, in dem ein SGB II-Leistungsbezieher ein bestimmtes Handeln bzw. Unterlassen des Leistungsträgers in Bezug auf die mit ihm geführte Korrespondenz begehrt.

Richtige Klageart ist die Unterlassungsklage als besondere Form der Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 54 Rdnr. 42: "Unterlassen der Offenbarung von Geheimnissen"). Insofern war auch kein Vorverfahren erforderlich.

Das Rechtsschutzinteresse fehlt nicht etwa wegen fehlender vorheriger Befassung der Beklagten, da der Kläger dieser gegenüber wiederholt sein Anliegen vorgetragen hat (vgl. die Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 20.04., 24.04., 21.06. und 01.10.2007).

Dem Rechtsschutzinteresse steht auch nicht entgegen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr im Bezug von SGB II-Leistungen durch die Beklagte war. Spätestens...

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