Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. keine Absetzung des pauschalierten Freibetrages gem § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 vom Erwerbseinkommen nicht erwerbsfähiger Hilfebedürftiger. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Wie auch beim Freibetrag bei Erwerbstätigkeit gem § 11 Abs 2 S 1 Nr 6 SGB 2 iVm § 30 SGB 2, ist Voraussetzung für die Absetzung des pauschalierten Freibetrages gem § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 vom Erwerbseinkommen, dass beim Hilfebedürftigen Erwerbsfähigkeit iS des § 8 SGB 2 gegeben ist.

2. § 11 Abs 2 S 2 SGB 2 verletzt nicht Art 3 GG.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.11.2011; Aktenzeichen B 14 AS 201/10 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Die Klägerin steht seit dem Jahr 2005 bei der Beklagten im Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie lebte bis Januar 2009 mit ihren drei Kindern N., geboren am x, x., geboren am x, und x., geboren am x, in einer Bedarfsgemeinschaft. Seit Februar 2009 besteht die Bedarfsgemeinschaft nur noch aus der Klägerin und den Kindern x und x.

Ab 01.11.2008 stand die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis als Aushilfskraft bei der Stadt D. im Kongress- und Beratungszentrum "D. k. P.". Mit Schreiben vom 09.03.2009 kündigte die Klägerin ihren Arbeitsvertrag fristlos.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 09.03.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin (und deren Kindern x. und x.) mit Bescheid vom 11.03.2009 aufgrund des zu erwartenden Einkommens aus ihrer Beschäftigung vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 30.09.2009. Dabei legte sie für die Berechnung der Leistungen ein Netto-Erwerbseinkommen der Klägerin in Höhe von monatlich 270,00 € zu Grunde. Davon brachte sie 30,00 € im Rahmen der Einkommensbereinigung in Abzug und rechnete 240,00 € als Erwerbseinkommen auf die Leistungen der Klägerin und ihrer zwei in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder an.

Mit Änderungsbescheid vom 31.03.2009 berechnete die Beklagte die Leistungen aufgrund einer Änderung der Unterkunftskosten im Monat April 2009 und des Wegfalls des Erwerbseinkommens der Klägerin ab 01.05.2009 neu.

Nach Vorlage der Lohnabrechnung der Klägerin für den Monat März 2009, aus dem ein Bruttolohn und gleichzeitig Nettolohn in Höhe von 61,12 € hervorgeht, berechnete die Beklagte die an die Klägerin und ihre beiden Kinder für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 30.04.2009 zu zahlenden Leistungen mit Änderungsbescheid vom 15.04.2009 neu. Sie bewilligte der Klägerin damit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 677,48 €. Vom Einkommen der Klägerin in Höhe von 61,12 € berücksichtigte die Beklagte 31,12 €, da sie eine Einkommensbereinigung in Höhe von 30,00 € vornahm.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, dass ihr ein Freibetrag auf ihr Erwerbseinkommen in Höhe von 100,00 € zustehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass ein Freibetrag im Sinne des § 30 S. 1 und 2 SGB II nicht zu gewähren gewesen sei, da dieser Freibetrag nur erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zustehe. Die Klägerin sei jedoch nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Der Wortlaut des § 30 S. 1 SGB II sei eindeutig.

Mit der am 29.05.2009 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren weiter.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 30 SGB II zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 15.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2009 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Denn dieser Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte hat damit der Klägerin Leistungen für die Zeit vom 01.04.2009 bis zum 30.04.2009 in zutreffender Höhe bewilligt. Dabei hat sie insbesondere das Erwerbseinkommen der Klägerin zu Recht in Höhe von 31,12 € leistungsmindernd berücksichtigt.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie ist grundsätzlich anspruchsberechtigt gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 SGB II. Danach erhalten Leistungen nach dem SGB II (auch) Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft lebe...

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