Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren bei Abschluss eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren

 

Orientierungssatz

Bei Abschluss eines Vergleichs im schriftlichen Verfahren erhält der Anwalt auch in sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr. Es liegt offenbar eine Regelungslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung der Anmerkung zu Nr 3104 VV RVG zu lösen ist.

 

Gründe

In der Hauptsache stritten die Beteiligten darüber, ob bei dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 60, mindestens mehr als 40, festzustellen ist.

Das Gericht holte von Amts wegen 5 Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie 2 medizinische Sachverständigengutachten ein. Nach Übersendung der Gutachten an den Kläger im August 2004 meldeten sich die Prozeßbevollmächtigten des Klägers. Sie nahmen Einsicht in die Gerichts- und Verwaltungsakten. Sie fertigten einen Schriftsatz, in dem sie ausführten, daß unter Berücksichtigung der von den Sachverständigen festgestellten Einzel-GdB-Werten ein Gesamt-GdB von 60 gerechtfertigt sei. Danach erklärte sich das beklagte Land schriftsätzlich bereit, bei dem Kläger ab Antragstellung einen GdB von 50 festzustellen. Der Kläger erklärte sich mit dieser Regelung einverstanden und den Rechtsstreit insgesamt für erledigt.

Mit Beschluß des Gerichtes vom 01.03.2005 wurden dem Beklagten 3/4 der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt.

Am 22.12.2004 machten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers erstattungsfähige außergerichtliche Kosten in Höhe von 574,20 Euro geltend. Dabei legten sie als Verfahrensgebühr einen Betrag von 250,00 Euro, als Terminsgebühr einen Betrag von 200,00 Euro und als Einigungsgebühr einen Betrag von 190,00 Euro zugrunde.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, daß als Verfahrensgebühr ein Betrag von 187,50 Euro zugrunde zu legen sei. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers seien als unterdurchschnittlich zu bewerten, so dass es gerechtfertigt sei, die Mittelgebühr um 25 vH zu unterschreiten. Das gleiche gelte hinsichtlich der Einigungsgebühr. Als Terminsgebühr komme lediglich ein Betrag in Höhe von 20,00 Euro in Betracht, also die Mindestgebühr, da kein Termin vor dem Gericht stattgefunden habe. Insgesamt ergäben sich erstattungsfähige Kosten in Höhe von 323,25 Euro.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 20.04.2005 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 323,64 Euro nebst Zinsen fest. Dabei legte er als Verfahrensgebühr einen Betrag in Höhe von 200,00 Euro und eine Einigungsgebühr in Höhe von 152,00 Euro zugrunde. Die Festsetzung einer Terminsgebühr lehnte er ab, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Gegen den am 28.04.2005 zugestellten Beschluß haben die Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 06.05.2005 richterliche Entscheidung beantragt. Sie sind der Auffassung, daß die beantragten Mittelgebühren gerechtfertigt seien, weil um die Schwerbehinderung gestritten worden sei und die Sache auch rechtlich schwierig gewesen sei. Zwar seien sie erst nach Vorlage der Gutachten in den Rechtsstreit eingetreten, hätten aber die gesamten Unterlagen durcharbeiten und sich insbesondere mit den Sachverständigengutachten intensiv auseinander setzen müssen. Auch sei eine fiktive Terminsgebühr angefallen, da das Gerichtsverfahren ohne mündliche Verhandlung durch schriftlichen Vergleich zur Erledigung gebracht worden sei. Dies ergebe sich aus der analogen Anwendung der Gebührenziffer 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, daß eine Terminsgebühr nicht angefallen sei.

Die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten sind auf 449,14 Euro festzusetzen.

Der Vergütungsanspruch der Prozeßbevollmächtigten des Klägers bestimmt sich gemäß § 61 Abs. 1 RVG nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Gemäß § 3 Abs. 1 RVG in Verbindung mit §§ 197 a, 183 SGG entstehen hier Rahmengebühren. Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr, wie hier, von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Die von den Prozeßbevollmächtigten des Klägers festgesetzte Gebühr in Höhe von 574,20 Euro ist unbillig. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Unbilligkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG schon immer dann gegeben ist, wenn die festgesetzte Gebühr die angemessene Gebühr überschreitet (so zum Teil die Rechtsprechung des BSG) oder erst dann, wenn die angemessene Gebühr um mehr als 20 vH überschritten wird (so ein Teil der übrigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung). Auch unter Zugrundelegung der zuletzt genannten Auffassung ...

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