Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsgebühren im sozialgerichtlichen Verfahren: zu Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens

 

Orientierungssatz

1. Die im sozialgerichtlichen Verfahren anfallenden Betragsrahmengebühren unterliegen nicht schon deshalb einer pauschalen Kürzung, weil es sich um ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren handelt (Entgegen LSG NRW vom 29.01.2008, Az: L 1 B 35/07 AS).

2. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit im einstweiligen Anordnungsverfahren ist der Zeitdruck unter dem die Tätigkeit durchgeführt wurde angemessen zu berücksichtigen.

 

Tenor

Auf die Erinnerung wird die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15.03.2007 abgeändert und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 315,35 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr und hierbei insbesondere die Berücksichtigung der Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

Streitgegenstand in dem zugrunde liegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren war die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dem Antragsteller (im Folgenden: Ast) war für die Zeit bis zum 30.06.2006 eine Jugendhilfemaßnahme gewährt worden. Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ag) hatte mit Bescheid vom 13.06.2006 die Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit ab dem 01.07.2006 mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller (im Folgenden: Ast) ein Aufbaugymnasium besuche und diese Schulausbildung dem Grunde nach förderungsfähig im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAFöG) sei. Der daraufhin beim Amt für Ausbildungsförderung der Stadt Düsseldorf gestellte BAFöG-Antrag wurde mit Bescheiden vom 18.07.2006 und 21.09.2006 nach § 2 Abs 1 a BAFöG abgelehnt, weil der Ast eine allgemeinbildende Schule besuche, nicht bei seinen Eltern wohne und keine notwendige auswärtige Unterbringung vorliege. Der Ast legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und beantragte am 13.10.2006 durch seinen Prozessbevollmächtigten (Erinnerungsführer) bei der Ag die Überprüfung des ablehnenden Bescheides vom 13.07.2006, da Leistungen nach dem BAFöG abgelehnt worden seien. Die Ag lehnte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit Bescheid vom 27.11.2006 erneut mit der Begründung ab, dass in den Fällen, in denen ein Schüler nicht bei seinen Eltern wohnen würde, eine Leistung nach dem BAFöG gewährt werden könne. Gegen diesen Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Ast am 21.12.2006 Widerspruch.

Mit einem am 28.12.2006 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung machte der Ast Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der Kosten für Miete und Heizung in Höhe von 486,00 Euro monatlich geltend. Mit Beschluss des Gerichts vom 05.03.2007 wurde die Ag verpflichtet, dem Ast für die Zeit vom01.01.2007 bis zum 30.06.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 422,00 Euro zu zahlen. Der Ag wurden 9/10 der außergerichtlichen Kosten des Ast auferlegt. Gleichzeitig wurde dem Ast Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers bewilligt.

Der Erinnerungsführer beantragte am 07.03.2007, folgende aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV 300,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV 20,00 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 60,80 Euro Gesamtbetrag 380,80 Euro

Mit Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15.03.2007 wurden die zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 226,10 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr in Höhe von 170,00 Euro als angemessen zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einstweiligen Anordnungsverfahren sei als unterdurchschnittlich zu beurteilen. Dabei sei die unterdurchschnittliche Dauer des Verfahrens und der Umstand zu berücksichtigen, dass keine Beweisaufnahme und kein Gerichtstermin stattfinde. Da die Bedeutung der Angelegenheit als überdurchschnittlich einzustufen sei, könne insgesamt die Mittelgebühr als angemessen angesehen werden.

Gegen diesen Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte des Ast mit Schriftsatz vom 19.03.2007 Erinnerung eingelegt und beantragt, die Verfahrensgebühr auf 300,00 Euro festzusetzen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die anwaltliche Tätigkeit in einem einstweiligen Anordnungsverfahren sehr zeitaufwendig sei, da alle Angelegenheiten kurzfristig unter einem besonderen Zeitdruck erledigt werden müssten. Zudem habe sich das vorliegende Verfahren durch die Besonderheit ausgezeichnet, dass eine Auseinandersetzung mit zwei Leistungsträgern erforderlich gewesen sei, die beide als leistungspflichtiger in Betracht gekommen seien.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

Die nach § 56 Abs 1 S 1 Rechtsanw...

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