Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsgebühr. Bedarfsgemeinschaft

 

Orientierungssatz

Zur Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühr bei der Vertretung einer Bedarfsgemeinschaft.

 

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand der Erinnerung ist der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27.12.2006.

Gegenstand des zugrundeliegenden Verfahrens war eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Bei dem 1961 geborenen Kläger zu 1) handelt es sich um den Vater der 2000 geborenen Klägerin zu 2). Diese beantragten gegenüber der Beklagten am 10.12.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (Arbeitslosengeld II) und Sozialgeld gemäß §§ 19 Satz 1 Nr. 1, 20 ff., 28 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Am 02.02.2006 erhoben sie Klage und beantragten die Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung ihres Antrags. Ihnen sei mehrfach aufgegeben worden, weitere Unterlagen beizubringen, letztmals vor ca. einem halben Jahr. Sie hätten mit Schreiben vom 14.12.2005 darauf hingewiesen, dass eine Bescheiderteilung noch immer nicht erfolgt sei und sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts einen Kredit hätten in Anspruch nehmen müssen, und der Beklagten eine Frist bis zum 22.12.2005 gesetzt. Mit Schreiben vom 24.01.2006 hätten sie diese letztmals bis zum 30.01.2006 verlängert. Sie seien nunmehr dringend auf Leistungen angewiesen, denn das von ihrer Ehefrau bzw. Mutter erzielte Einkommen reiche zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nicht aus.

Nachdem die Beklagte zunächst mitgeteilt hatte, dass zwischen den Beteiligten für den 20.02.2006 ein Gesprächstermin vereinbart worden sei, erteilte sie am 28.02.2006 einen ablehnenden Bescheid für den Monat Januar 2005 und bewilligte den Klägern mit weiterem Bescheid vom 28.02.2006 für die Zeit vom 01.02.2005 bis 31.03.2006 die begehrten Leistungen.

Die Kläger erklärten den Rechtsstreit am 11.04.2006 für erledigt. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts vom 13.07.2006 anerkannte die Beklagte unter dem 24.07.2006 die Verpflichtung zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Kläger dem Grunde nach.

Am 15.08.2006 reichte der Bevollmächtigte der Kläger seine Gebührenrechnung ein über 249,40 Euro ein. Er machte eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 des Vergütungsverzeichnisses des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) einschließlich einer Erhöhung um 0,3 in Höhe von 195,00 Euro, eine Pauschale nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 20,00 Euro und die Mehrwertsteuer in Höhe von 34,40 Euro geltend.

Die Beklagte beantragte am 13.09.2006 Kostenfestsetzung. Die geltend gemachte Verfahrensgebühr werde als nicht sachdienlich angesehen. Die Bedeutung der Angelegenheit sei zwar durchschnittlich, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien aber unterdurchschnittlich. Die Kläger hätten das Klageziel erreicht, ohne dass ihr Bevollmächtigter eine weitere Tätigkeit hätte entfalten müssen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit werde ebenfalls als unterdurchschnittlich bewertet. Sie erschöpfe sich in, der Bewilligung relativ geringer Leistungen für 14 von 15 Monaten. Den Klägern sei aber zuzugeben, dass sich ihre wirtschaftliche Situation durch die verzögerte Entscheidung verschlechtert habe.

Auf Anfrage des Gerichts vom 31.10.2006, ob die geltend gemachten Kosten doch übernommen würden, da zu berücksichtigen sei, dass mehrere Auftraggeber vorhanden seien, und den Hinweis, dass der Bevollmächtigte der Kläger zusätzlich eine fiktive Terminsgebühr beanspruchen könne, entgegnete die Beklagte, dass die Verfahrensgebühr nicht beanstandet werde, wohl aber die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses. Es habe sich um eine Bedarfsgemeinschaft gehandelt, die eine eigene Rechtsperson darstelle und nur ein Verwaltungsverfahren durchlaufe.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.12.2006 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Kosten in Höhe von 249,40 Euro fest. Sie legte eine Verfahrensgebühr in Höhe von 195,00 Euro, eine Pauschale nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses in Höhe von 20,00 Euro und die Mehrwertsteuer in Höhe von 34,40 Euro zugrunde. Zur Begründung führte sie aus, gemäß Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses komme eine Erhöhung der Verfahrensgebühr in Betracht, da der Bevollmächtigte der Kläger in derselben Angelegenheit mehrere natürliche Personen vertreten habe.

Die Beklagte hat am 02.02.2007 Erinnerung eingelegt. Der Tatbestand der Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses sei nicht anwendbar. Der Bevollmächtigte habe eine Bedarfsgemeinschaft vertreten. Unter den ihr angehörenden Personen bestehe eine identische Interessenlage.

Die Kläger haben erwidert, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) handele es sich bei der Bedarfsgemeinschaft nicht um eine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern verfolge jedes ihrer Mitglieder einen eigenen Anspruch. Die Interessenlage ...

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