Entscheidungsstichwort (Thema)

Abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei Weisungsgebundenheit und/oder dem Recht zur Übertragung von Aufgaben an versicherungspflichtige Dritte

 

Orientierungssatz

1. Werden die konkreten Arbeitsinhalte nicht durch den Vertrag selber geregelt, sondern ist die geschuldete Leistung derart unbestimmt, dass sie erst durch Weisungen des Auftraggebers konkretisiert wird, liegt eine Weisungsabhängigkeit vor, die regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründet (Vergleiche: LSG Stuttgart, Urteil vom 14. Februar 2012, L 11 KR 3007/11).

2. Eine vertragliche Regelung, die es einem Auftragnehmer gestattet, die ihm übertragenen Aufgaben durch Dritte durchführen zu lassen, spricht nicht zwingend für eine selbständige Tätigkeit. Die Möglichkeit, die eigene Arbeitsleistung zu delegieren, ist kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, wenn der Betreffende diese Möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt, regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und damit die persönliche Arbeitsleistung die Regel ist (Anschluss: BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 KR 21/07 R).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.03.2018; Aktenzeichen B 12 KR 12/17 R)

 

Tenor

I. Unter Abänderung des Bescheides vom 11.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2010 und des Bescheides vom 01.03.2012 wird festgestellt, dass in dem Zeitraum vom 13.05.2008 bis 14.05.2009 keine Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu einem Viertel und die Beklagte zu drei Viertel.

III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 13.05.2008 bis 18.09.2009 bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Klägerin ist ein Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen mit Hauptsitz in D.. Sie erbringt Dienstleistungen bei der Planung, Realisierung und Betreuung von Projekten im Bereich der Informationstechnologie. Sie verfügte nach eigener Angaben im März 2009 über 38 festangestellte Mitarbeiter.

Der am 1967 geborene Beigeladene zu 1) ist seit 2004 als IT-Berater tätig und als solcher mit einem Gewerbe angemeldet. Vor und nach seiner Tätigkeit für die Klägerin war er auch für weitere Unternehmen tätig. In dem streitgegenständlichen Zeitraum war er ausschließlich für die Klägerin tätig und zwar auf der Grundlage von folgenden Verträgen:

Zeitraum

Vertrag

Einsatzort

Bemerkung

13.05.08-

31.12.08

05.05.08

D.P.,

M.

wurde storniert zum 15.08.08

01.09.08-

31.12.08

15.08.08

I.,I. 

wurde auf unbestimmte Zeit

verschoben. Beigeladener zu 1) erhält

für die Zeit 01.09.08 bis 03.09.08

3x200 € wegen Projektbindung

16.09.08-

30.06.09

12.09.08

D.P.,

M.

01.07.09-

31.08.09

01.06.09

D.P.,

M.

01.09.09-

18.09.09

01.09.09

D.P.,

M.

Grundlage der Tätigkeit war jeweils ein als “Beauftragung„ überschriebener Vertrag zwischen der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Namen “J. GmbH„ firmierte und dem Beigeladenen zu 1), wobei die Vertragsbestimmungen in den wesentlichen Punkten gleich lauteten. So heißt es in der “Beauftragung„ vom 12.09.2008 auszugsweise:

“Hiermit beauftragt J. GmbH (nachfolgend “Auftraggeber„ genannt) die Firma IT-Service B. (nachfolgend “Auftragnehmer„ genannt) die im Kapitel Leistungsbeschreibung definierten und beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu den nachfolgend genannten Vertragsbedingungen zu erbringen.

Auftragsnummer:

JPL41209082

Geplanter Leistungszeitraum:

16.09.08 - 30.06.09 mit Option auf Verlängerung

Geplanter Leistungsumfang:

200 Tage, 1600 Projektstunden

Stundensatz:

65,00 €

Nebenkosten:

all inclusive

Gesamtvolumen:

104.000,00 €

Einsatzort:

M., D. P.

Leistungsbeschreibung:

Oracle Datenbank Optimierung/DB Administration

- Import/Export

- Tabellendesign

- Querydesign

- Optimierung von SQL Statements

- Coaching

Die Leistung wird als Dienstleistung erbracht - Basis dafür sind die von der I. Projektleitung geplanten und terminierten Inhalte und Aktionen.

Vertragsbedingungen:

1. Gegenstand des Vertrages (Beauftragung)/Leistungsumfang

a) Der Auftraggeber beauftragt den Auftragnehmer, die unter dem Punkt “Leistungsbeschreibung„ näher beschriebenen Beratungs- und Dienstleistungen zu erbringen.

b) Der angegebene geplante Leistungszeitraum und der geplante Leistungsumfang sind nicht zwingend. Der Auftragnehmer hat keinen Anspruch auf die maximale Vergütung. Der Auftraggeber ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den geplanten Leistungsumfang voll auszuschöpfen.

c) Der vereinbarte Stundensatz gilt unabhängig davon, an welchen Tagen, zu welcher Tageszeit, in welchem Umfang und an welchem Ort die Arbeiten durchgeführt werden.

d) Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber als freier Mitarbeiter tätig. Ein Anstellungsverhältnis wird nicht begründet.

e) Für die steuerlichen un...

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